Friedrich Ani für Herbert Achternbusch:Das Biest nebenan

Zum Tode von Herbert Achternbusch

Ein Gedicht von Friedrich Ani

Vor elend langer Zeit im Gasthaus

gleich beim Rathaus

saß ein Künstler vor der Wand, trank

und hörte den Getränken zu, wie sie

raunten, er möge voller Nachsicht

sein und nicht bloß voll, er hörte

weg, drei, vier Striche lang, dann

beschimpfte er das fünfte Glas, das

sechste spuckte zurück, und er schnapste

es weg, dieses träge, öde Bier, und

es kam keins mehr innerhalb der nächsten

neunundzwanzig Minuten. Vor elend

langer Zeit im Gasthaus gleich beim

Rathaus tunkte der Künstler sein

Schweigen in die Ewigkeit des einen

Augenblicks beim Lächeln der Bedienung,

und sagte erst recht nichts, brummte

und murrte in Gegenwart des abwesenden

Biers in diesem plumpen Glas, welches

zwischen den Fingern der Kellnerin keinen

Deut an Anmut gewann, wie blöd ein Glas sein

kann, dachte der Dichter, Filme- und

Gemäldemacher und schnapste

sämtliche Stimmen im Kopf und rund um

seinen Kopf in einem Zug aus der

Welt, stand auf und ging,

und sein Gehen,

Herrschaften,

war beispielhaft jeden Meter im Tal, bis

vors Haus in der Burgstraße, in dem,

wie er, in einem Zimmer ohne Namen,

das Glück hauste, und genau heut

Nacht,

endlich,

unbarmherzig und

für immer

würd er es aus dem Schlaf

klingeln, dieses

störrische,

sich taub und blind stellende,

überheblich mit abgespreiztem

Finger am Schicksal nippende

Biest.

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