Helmut Berger zum 70. Geburtstag:Tragisch scheiternder König

Als "Märchenkönig" Ludwig II. gelangte er zu Weltruhm, doch später fand Helmut Berger keinen Filmemacher mehr, der ihn lenken konnte. Mit der Karriere ging's bergab, alkoholisierte Auftritte in Talkshows folgten. Zu seinem 70. Geburtstag möchte man ihm mehr solch bewegende Auftritte wünschen, wie er zuletzt wieder einen hatte.

Von Rainer Gansera

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Helmut Berger in das Das Bildnis des Dorian Gray

Quelle: OBS

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Als "Märchenkönig" Ludwig II. gelang er zu Weltruhm, doch später fand Helmut Berger keinen Filmemacher mehr, der in lenken konnte. Mit der Karriere ging's bergab, alkoholisierte Auftritte in Talkshows folgten. Zu seinem 70. Geburtstag möchte man ihm noch mehr solch bewegende Auftritte wünschen, wie er zuletzt wieder einen hatte.

Fasziniert steht der junge, bildschöne Dorian Gray vor seinem Porträt. Er kann den Blick nicht von sich abwenden, und der Künstler, der ihn porträtiert hat, kommentiert: "Offenbar hat er sich in sein eigenes Bild verliebt - oder aber in seine eigene Schönheit, die ihm vorher nicht bewusst war".

Der Gast, der sich als teuflischer Versucher entpuppen wird, flüstert Dorian das Verlangen nach ewiger Jugend ein: "In 20, 30 oder 40 Jahren, wenn Sie ein alter hässlicher Mann geworden sind, ist der Dorian des Bildes immer noch der strahlende Jüngling von heute!"

Eine Schlüsselszene aus Massimo Dallamanos Oscar-Wilde-Adaption "Das Bildnis des Dorian Gray", mit Helmut Berger in der Titelrolle, als Inbild des exzentrischen Dandys.

Helmut Berger und Burt Lancaster

Quelle: Imago Stock&People

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Damals, 1970, gab es keinen Besseren für diese Rolle als den 26-jährigen Österreicher, der als "schönster Mann der Welt" tituliert wurde, berühmt war für seine Jetset-Umtriebigkeit, für provokant zur Schau gestellte Bisexualität und Drogenexzesse.

Helmut Berger war nicht einfach ein hübscher Junge - seine Jugendschönheit war von atemberaubender Faszination. Markant hohe Wangenknochen, verträumter Blick, sinnliche Lippen.

Kein Wunder, dass sich Luchino Visconti in ihn verliebte. Visconti, altem Mailänder Adel entstammend, Kommunist und Galionsfigur des italienischen Neorealismus, machte ihn zu seinem "Ziehsohn", schenkte im die schönsten Rollen, porträtierte ihn in einem funkelnden Widerspiel von Schönheit und Verderbtheit, Glamour und Dekadenz.

Helmut Berger (links) mit Burt Lancaster in Luchino Viscontis "Gewalt und Leidenschaft" von 1974.

Helmut Berger als König Ludwig II.

Quelle: Imago Stock&People

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Als "Märchenkönig" Ludwig II. von Bayern fand sich Berger 1972 in der Rolle, die ihm Weltruhm verschaffte und sein Leben entscheidend prägte.

In dem vierstündiges Epos "Ludwig", das zuerst nur in verstümmelten Versionen in die Kinos kam, entwirft Visconti mit Berger ein grandioses Panoramagemälde des tragisch scheiternden Königs: vom schüchternen Jüngling, den die Pflichten des hohen Amtes erdrücken, über den schwärmerischen Verehrer Richard Wagners bis zum gespenstisch vereinsamten Monarchen.

Helmut Berger in "Ludwig" von Luchino Visconti.

Helmut Berger und Romy Schneider in "Ludwig"

Quelle: Imago Stock&People

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Theatralisch exzessive und still-konzentrierte Momente wechseln einander ab, und die intensivste Szene ist gestisch ganz sparsam intoniert: der Augenblick, in dem Ludwig erkennen muss, dass Wagner sein Vertrauen missbraucht hat.

Zauberische Intimität entsteht im Zusammenspiel von Romy Schneider (als Elisabeth "Sissi" von Österreich) und Berger, ein unvergessliches Paar, und es ist Sissi, die dem jungen König die unbequemen Wahrheiten sagen kann: "Schön sein und faszinieren - das ist es, was man von Ihnen erwartet!"

Helmut Berger als Märchenkönig (links) mit Romy Schneider in Luchino Viscontis "Ludwig".

Helmut Berger

Quelle: dpa

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Viscontis Tod 1976 war die große Zäsur. Keine nennenswerten Rollenangebote folgten, kein Filmemacher, der ihn lenken konnte. Als Gigolo war er im "Denver Clan" zu sehen, hatte Gastauftritte bei den unabhängigen Wilden, bei Schlingensief oder Peter Kern. Schlagzeilen machten seine alkoholisierten Auftritte in Talkshows oder im Reality-TV.

Es war, als sei der einstige Götterliebling nun Neid und bitterer Rache ausgesetzt. "Vom Märchenkönig zur Skandalnudel", titelte der Boulevard.

Es gibt zwei Arten von Schauspielern. Die einen suchen nach fortwährender Verwandlung und Rollenspiel, und die anderen, zu denen Berger zählt, spielen sich selbst, suchen nach den Resonanzen zwischen Filmrolle und Lebensrolle. Alle großen Berger-Figuren sind davon imprägniert, und seine jüngste Rolle ist es auch.

Helmut Berger im Januar 2013 auf dem Rhein-Main-Flughafen in Frankfurt vor dem Abflug nach Australien, um am RTL-Dschungelcamp teilzunehmen.

Bertrand Bonello, Helmut Berger und Aymeline Valade in Cannes

Quelle: Imago Stock&People

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In Bertrand Bonellos Biopic "Saint Laurent" - über das Leben des Modeschöpfers Yves Saint Laurent, uraufgeführt beim diesjährigen Cannes-Festival - spielt er den Modekünstler als alten Mann. Ein Part wie für ihn geschaffen - weil er alles mitbringt, um dieser Figur vom ersten Moment an Tiefe zu geben: Erinnerung an Jugendschönheit und Dandy-Grandezza in den 60er- und 70er-Jahren.

Ein bewegender Auftritt, der alle Peinlichkeiten schnell vergessen lässt. Weder der Neid der Götter noch die Lüsternheit des Boulevards nach Selbstdemontagen müssen das letzte Wort behalten. Mögen Helmut Berger, der an Christi Himmelfahrt seinen 70. Geburtstag feiert, noch zahllose Rollen dieser Art beschert sein.

Helmut Berger (Mitte), eingerahmt von Regisseur Betrand Bonello (links) und dem Mannequin Aymeline Valade (rechts) bei der Premiere von "Saint Laurent" in Cannes.

© SZ.de/pak
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