Er musste nicht erst "Schwarzbraun ist die Haselnuss" anstimmen, damit jeder wusste: Hier kommt die volkstümelnde Schlagersoße von vorgestern. Er hieß Heino, war strohlblond, und hinter der Sonnenbrille lauerten womöglich auch noch stahlblaue Augen. Irgendwann im Laufe seines sehr erfolgreichen Musikerlebens kam Heino dem deutschen Fernsehen abhanden und tat das, was alle gescheiterten Deutschen tun: Er eröffnete mit seiner Frau ein Café.
Damit könnte diese deutsche Nachkriegsunterhaltungsgeschichte ein akzeptables Ende haben. Hat sie aber nicht. Denn nun, man muss sich das wie in einem schlechten Vampirfilm vorstellen, reckt sich eine blasse Hand aus dem Erdreich nach oben, am Mittelfinger steckt bedrohlich ein schwarzer Ring mit Totenkopfemblem (Logo: Starwatch), dahinter bäumt sich der mächtige Körper des blonden Barden, ganz in schwarz, die Lederweste mit Metallic-Nieten verstärkt.
Der unterschätzte Racheengel der deutschen Volkstums-Musik
Es ist Heino, der Black Rider aus Bad Münstereifel, der immer unterschätzte Racheengel deutscher Volkstums-Musik. Während die Hellwigs und andere Volksmutanten in der Hölle schmoren oder in der Carmen Nebel-Show, steigt Heino aus dem Schattenreich deutscher Fernsehunterhaltung und richtet seinen Bannstrahl auf jene, die sich jahrzehntelang über ihn lustig gemacht haben. Und, man muss es neidlos aussprechen: Er zeigt es den Jungen, singt ihre Lieder nach, kopiert auf seiner neuen CD ("Mit freundlichen Grüßen", bei Starwatch) einfach die Hardrock-Songs dieser Ärzte, Sportfreunde und Rammsteins, dass denen Hören und Sehen vergeht.
Denn natürlich hat keiner dieser Großrocker dazu seine Erlaubnis gegeben. Wer will schon von Heino gecovert werden, der immer schon auf dem Monopol des Schlagers auf deutsche Liedtexte beharrte. Wer modern sein wollte, sang Englisch, Heino blieb bei "Edelweiß", "Polenmädchen" und der "schwarzen Barbara".
Auf einmal schlägt der alte Mann aus seinem Witzfiguren-Image Kapital
Und jetzt? Singt er "Haus am See" von Peter Fox, "Leuchtturm" von Nena, "Vogel der Nacht" von Stefan Remmler, "Kompliment" der Sportfreunde Stiller. Und "Junge" von den Ärzten, diese jugendlich-anarchistische Anklage gegen böse Spießereltern. Aber, da können Peter Brugger und Florian Weber sich noch so wutschnaubend als autoritäre Erwachsene gebärden, die Glaubwürdigkeit dieser Rolle, so wie sie nun durch Heino entsteht, können sie nicht erreichen. Auf einmal schlägt der alte Mann aus seinem Witzfiguren-Image nicht nur finanziell, sondern auch ideell Kapital.
Und die deutschen Rocker können sich nicht dagegen wehren; ob Keimzeit, Die Fantastischen Vier oder Marius Müller-Westernhagen, alle müssen zähneknirschend mit anhören, wie sich der alte Heino über sie lustig macht, indem er deren Songs unverändert nachsingt. Sogar den CD-Titel hat er von Fanta-Vier geklaut.
Heino singt von der Sonne, röhrt wie aus einem Bergwerk, rollt die bedrohlichen Rrrrs härter als Rammstein in ihrem Original. Aber - wo Rammstein Stahl erglühen lassen, gießt Heino in Beton. Es ist wie ein wundersames Wiedersehen von Zwillingen, die sich nach Jahrzehnten gefunden haben. Und wer hat das ermöglicht? Das deutsche Urheberrecht, das Plagiate erlaubt, wenn sie unverfälscht und gebührenpflichtig produziert werden.