Der Stammbaum der weiblichen Vorfahren Ludwig van Beethovens zählt mehrere schwere Frauenschicksale. Neben zwei Großmüttern, die in ihren letzten Jahren in Irrenanstalten eingewiesen wurden, gab es eine Ahnin auf Seiten seines Vaters, die im 17. Jahrhundert eine auffallend emanzipierte Frau gewesen sein muss, von Nachbarn der Hexerei geziehen und, nach einem unter Folter abgepressten Geständnis, auf dem Grote Markt in Brüssel verbrannt wurde. Ein Trauma, das die Familie wohl über Generationen verfolgte. Auch die Mutter des Komponisten wird, nach allem was man weiß und das ist nicht viel, kein einfaches Leben gehabt haben.
Als Maria Magdalena, geborene Keverich, Johann van Beethoven mit 21 Jahren heiratete war sie bereits verwitwet. Binnen weniger Tage waren ihr Mann, der kurfürstliche Kammerherr Johann Leym, den sie mit sechzehn geheiratet hatte, und ihr erster Sohn gestorben. Der neue Schwiegervater Ludwig van Beethoven der Ältere war gegen diese Verbindung. Wobei als standesgemäß, urteilt der Beethoven-Biograf Jan Caeyers, hätte man ihre Herkunft doch ansehen müssen: Ihr Vater sei als Oberhofkoch des Trierer Kurfürsten mindestens so viel gewesen, wie der Bonner Hofkapellmeister Beethoven.
Grabstele für Beethovens Mutter.
(Foto: picture alliance / akg-images)Von sieben Kindern des Ehepaars überlebten drei Söhne, von denen Ludwig der Älteste war. Es gibt von Maria Magdalena van Beethoven kein Bild und keine Selbstzeugnisse. Ein wenig weiß man vom Familienleben aus den im rheinischen Dialekt aufgezeichneten Erinnerungen der Kinder des Bäckermeisters Fischer, in dessen Haus die Beethovens lange Jahre wohnten. Die Mutter sei, heißt es da, eine häusliche Frau gewesen, die sowohl mit höher als auch niedriger stehenden Personen habe reden und klug antworten können, wofür sie geachtet und beliebt gewesen sei.
Cäcilie Fischer, die Beethovens Mutter nie will haben lächeln sehen, erinnert sich an eine Gelegenheit, bei der sie ihr von der Ehe ausdrücklich abgeraten habe: "Wenn du meinen Rat annehmen willst, dann bleib ledig", soll Frau Beethoven gesagt haben: "Dann hast du das schönste, ruhigste und fröhlichste Leben, das wirst du dann zu schätzen wissen! Denn das Heiraten bereitet dir ein wenig Freude, aber dann eine Kette von Leiden." Vielleicht weil er früh unter dem Einfluss dieser Reden seiner Mutter stand, mutmaßen die Fischers, habe Ludwig van Beethoven nie geheiratet.
Im Jahr 1787, der junge Künstler kam gerade von einer Reise nach Wien, wo er sich unter anderem bei Wolfgang Amadeus Mozart vorgestellt hatte, starb seine Mutter an der Schwindsucht. Nach ihrem Tod verfiel der Vater endgültig dem Alkoholismus. Als ältester Sohn musste Ludwig für die Familie sorgen, trat sozusagen an die Stelle von Vater und Mutter zugleich. Weil er nur sehr kurz die Schule besucht hatte, war Beethoven in der Schriftsprache lebenslang eher chaotisch expressiv. Trotzdem schrieb er wunderbare Briefe, einen der schönsten und berühmtesten davon voller Trauer: "Sie war mir eine so gute liebenswürdige Mutter, meine beste Freundin; O! Wer war glücklicher als ich, da ich noch den süßen Namen Mutter aussprechen konnte, und er wurde gehört, und wem kann ich ihn jetzt sagen".
Aufnahme fand er dann im Haushalt der Hofratswitwe Helene von Breuning, die eine Art Salon unterhielt. Dort lernte Beethoven, sich in besserer Gesellschaft zu bewegen. Helene von Breuning, heißt es, habe den jungen Beethoven neben ihren drei Kindern wie einen Sohn aufgenommen. Marie Schmidt