Heath Ledger in "Brokeback Mountain":Auf dem Weg ins Herzland

Ang Lees "Brokeback Mountain" sammelt Punkte für die Oscar-Nacht.

Fritz Göttler

Einen sagenhaften Siegeslauf, einen stillen, aber durch nichts zu bremsenden Triumphzug legt seit einem Monat der neue Film von Ang Lee hin.

Heath Ledger in "Brokeback Mountain": Jake Gyllenhaal (links) und Heath Ledger in Ang Lees "Brokeback Mountain".

Jake Gyllenhaal (links) und Heath Ledger in Ang Lees "Brokeback Mountain".

(Foto: Foto: Tobis Film)

"Still no brakes for Brokeback", titelte zum Jahreswechsel das Branchenblatt Variety, als es die US-Einspielergebnisse kommentierte - was sich sowohl auf den Erfolg an den Kinokassen wie auf die Aussichten des Films bei der Nominierung für die diesjährigen Oscars bezog, die am 31. Januar erfolgen wird.

Nun hat es erstmals geknirscht im Erfolgsgetriebe von "Brokeback Mountain". Am Samstag kürte nämlich die National Society of Film Critics "Capote" zu ihrem Film des Jahres, einen der heißen Konkurrenten in diversen Kategorien - vor allem in der des besten Films und des besten Schauspielers:

Harte Konkurenz für Heath Ledger

Philip Seymour Hofman hat mit dem exaltierten plappernden Literaten Truman Capote eine für Oscarerfolge prädestinierte Rolle herausgepickt, gegen die sich Heath Ledger, der den eher maulfaulen Cowboy Ennis in "Brokeback Mountain" spielt, am Ende schwer tun könnte.

Beide Filme wagen sich ins amerikanische Herzland vor, nach Wyoming der von Ang Lee, nach Kansas der von Bennett Miller - wo Capote für sein bahnbrechendes Buch "Kaltblütig" recherchiert.

Mit ihrem Votum stellte sich die Kritiker-Truppe demonstrativ gegen starke Kritiker-Vereinigungen aus New York und Los Angeles - die im Dezember bereits "Brokeback Mountain" zum besten Film erklärten - und auch gegen die Vereinigung der Auslandskritiker, die mit ihren Golden Globes als die sichersten Signalgeber für die Oscars gelten. Für sieben Globes wurde, ebenfalls im Dezember, "Brokeback Mountain" nominiert.

You too, Utah?

Auch bei den Nominierungen der großen Gewerkschaften waren Ang Lee und seine Mitarbeiter bedacht worden, von den Schauspielern, den Drehbuchautoren und den Regisseuren, die dann auch einen großen Teil der wahlberechtigten Mitglieder der Academy of Motion Picture Arts and Sciences ausmachen, die über die Oscars entscheiden.

Bezeichnend, dass in all den Nominierungsrunden die kleinen kritischen und politischen Filme auf Interesse stießen wie "Der ewige Gärtner", "Good Night, and Good Luck", "Syriana", "Munich". Von den großen Stücken wie "King Kong" ist kaum die Rede.

Die National Society of Film Critics zählt zwar die wichtigsten Filmkritiker des Landes zu ihren 57 Mitgliedern, von Roger Ebert bis Andrew Sarris, aber sie zeichnete sich bei ihren Entscheidungen schon immer durch Konfrontation zu den Oscars aus.

Getagt wird im New Yorker Restaurant Sardi's, und offensichtlich hatte es sechs Wahlgänge gebraucht, bis "Capote" siegte, mit nur einer Stimme vor dem zweiten, David Cronenbergs "A History of Violence". Als bester Dokumentarfilm wurde übrigens Werner Herzogs "Grizzly Man" gewählt.

In manchen Städten abgesetzt

Auch das zweite Knirschen des Wochenendes sollte man nicht allzu dramatisch nehmen. Ein Multiplex in Sandy, einem Vorort von Salt Lake City, Utah, hatte am Donnerstag überraschend "Brokeback Mountain" wieder vom Spielplan abgesetzt, wenige Stunden vor der ersten Vorstellung. Offizielle Erklärungen gibt es nicht, aber süffisante Spekulationen, der Kinobetreiber hätte nicht gewusst, dass er sich damit die Geschichte zweier verliebter Cowboys eingehandelt habe.

Mit solchen Problemen hatte man wohl gerechnet beim Verleih Focus Features, der "Brokeback Mountain" mit seiner Homosexuellen-Thematik ganz langsam und behutsam in die Kinos bringt - und vom Erfolg förmlich überrollt wird. 109 485 Dollar spielte der Film am ersten Wochenende in fünf Kinos ein, das bislang höchste Ergebnis pro Leinwand.

Das war in Kinos in sicheren Großstädten, mit intellektuellem Publikum. Doch Focus sah sich gezwungen, die Kopienzahl schneller zu erhöhen als geplant. Und der Film übertraf mit seinem Durchschnitt weiter auch den mächtigen Kong, der mit 3500 Kopien das Land überrollte. Inzwischen sind über 500 Kopien im Einsatz, hat der Film über 15 Millionen Dollar eingespielt.

Und ist schon längst auf dem Weg ins Herzland Amerikas, das immer noch eine ganz andere Vorstellung davon hat, wie ein Cowboyleben auf der Leinwand auszusehen hat. Das Lasso des Erfolgs - vielleicht kreist es am Ende auch über der einen oder anderen Oscar-Statuette.

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