Hasso Plattner:Ein Forum für Künstler der DDR

Der SAP-Mitgründer und Mäzen sammelt seit Jahrzehnten Kunst. Im Museum Barberini setzt er bewusst den Schwerpunkt auf Kunst aus der DDR. Er findet, die Menschen dort wurden benachteiligt - vor und nach der Wende.

Interview von Johanna Pfund

Hasso Plattner ist ein Mann der Technik und der Wissenschaft. Er ist Mitgründer des Software-Unternehmens SAP, dessen Aufsichtsrat er nach seinem Rückzug aus dem operativen Geschäft leitet. Auch als Förderer der Wissenschaft ist der 73-Jährige immer wieder in Erscheinung getreten: Er gründete das Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik an der Universität Potsdam, ebenso das Hasso Plattner Institute of Design an der kalifornischen Stanford University. Doch sein Faible für die Kunst war lange sein Geheimnis. Spätestens seit die Hasso-Plattner-Stiftung das Museum Barberini in Potsdam nach historischem Vorbild wieder aufgebaut und Plattner einen Teil seiner Bilder dem Museum übereignet hat, ist dies natürlich kein Geheimnis mehr. Ein Gespräch mit dem Mäzen über das Sammeln.

SZ: Sie haben eine umfangreiche Sammlung von Kunst aus der DDR aufgebaut- die ja bei Weitem nicht so bekannt und populär ist wie die der Impressionisten, die Sie ebenfalls sammeln. Was war für Sie der ausschlaggebende Grund, Kunst aus der einstigen DDR zu erwerben?

Hasso Plattner: Es gab nicht einen, sondern eigentlich zwei Gründe. Erstens haben mich die Bilder von Malern wie Mattheuer und Tübke, aber auch von vielen anderen Künstlern der ehemaligen DDR sehr interessiert. Ich verstehe nicht, warum sie in den Museen auch heute nach vielen Jahren immer noch kaum vertreten sind. Deshalb wollte ich ihnen ein Forum geben. Zweitens habe ich mit meinem neuen Museum Barberini bewusst einen Schwerpunkt auf die Kunst aus der DDR gesetzt, weil ich finde, dass die Menschen dort während der DDR-Zeit benachteiligt waren und nach der Wende nochmals ungerecht behandelt wurden.

Kunst der DDR wird ja oft assoziiert mit einem monumentalen sozialistischen Realismus. Die Bandbreite ist jedoch viel größer. Welche Werke faszinieren Sie besonders?

Mit monumentalem sozialistischen Realismus verbinde ich eher die ehemalige Sowjetunion als die DDR. Es wäre ein Fehler, beides miteinander gleichzusetzen. In der DDR wurden Künstler sicherlich unterdrückt, aber sie schafften es, sich Freiräume zu erkämpfen. Mich fasziniert die Malerei der Leipziger Schule, aber auch viele Bilder der Dresdener und Berliner Künstler, denn sie sind durch ihre Auseinandersetzung mit der Moderne oder den Alten Meistern so vielschichtig und facettenreich. Die Landschaften von Mattheuer fesseln mich besonders, sie ziehen den Betrachter in eine geheimnisvolle Welt hinein.

Wolfgang Mattheuers „Das graue Fenster“

Ein Ensemble verschiedenster Grautöne voller symbolischer Figuren, das ist Wolfgang Mattheuers "Das graue Fenster". Den einzigen hoffnungsfrohen Farbtupfer bildet der Mallappen im Vordergrund. Das 1969 entstandene Bild stammt aus Hasso Plattners Sammlung und gehört nun dem Museum Barberini.

(Foto: Museum Barberini / VG Bild-Kunst, Bonn 2016)

Sie haben einmal in einem Interview gesagt, Sie mögen schöne Dinge. Darunter versteht ja jeder etwas anderes. Was ist für Sie schön?

Schön ist für mich ein Kunstwerk, das mich mit allen Sinnen anspricht. Ich muss

die Spannung spüren, die Luft riechen und das Wasser fühlen können oder die Kraft einer abstrakten Komposition. Ein gutes Bild fällt sofort auf und besteht neben anderen guten Werken.

Wie treffen Sie Kaufentscheidungen bei Kunstwerken? Gehen einem solchen, meist recht teurem Beschluss lange Beratungen voraus?

Ich sehe ein Bild an und weiß sofort, ob es mir gefällt. Ich treffe die Entscheidung deshalb fast immer in sehr kurzer Zeit, ohne langes Grübeln oder lange Beratungen. Herkunft und Qualität müssen natürlich stimmen. Dabei habe ich natürlich die anderen Bilder meiner Sammlung vor Augen. Auch muss ich es irgendwo hängen können, und da muss es dann passen.

Lange Zeit waren Sie vor allem als Software-Unternehmensgründer und Förderer der Wissenschaft bekannt. Dagegen war es ziemlich unbekannt, dass Sie auch eine große Kunstsammlung aufgebaut haben. Wie hat Ihre Sammlertätigkeit begonnen und wie hat sie sich entwickelt?

Ich habe in den Siebzigerjahren vor allem zeitgenössische deutsche Künstler gesammelt. Später konnte ich mir dann auch bekanntere, internationale Künstler leisten.

Wer einmal mit dem Sammeln begonnen hat, hört ungern auf. Wie ist das bei Ihnen? Gibt es Werke aus bestimmten Epochen oder bestimmter Künstler, die Sie gerne erwerben würden?

Für das Museum Barberini werden wir den Bereich der Kunst der DDR weiter ausbauen, und auch bei den Impressionisten entdecke ich immer wieder Bilder, die ich sehr gern in meiner Sammlung hätte. Aber auch die späteren, abstrakteren Künstler, die Anregungen des Impressionismus weiterentwickelt haben, finde ich gut, und auch in diese Richtung weite ich die Sammlung aus. Es gibt viel großartige Kunst.

Hasso Plattner: Hasso Plattner hat in seiner Wahlheimat Potsdam viel investiert: Der 73-Jährige unterstützte den Wiederaufbau des Stadtschlosses und finanzierte über die Hasso-Plattner-Stiftung den Neubau des einstigen Palais Barberini.

Hasso Plattner hat in seiner Wahlheimat Potsdam viel investiert: Der 73-Jährige unterstützte den Wiederaufbau des Stadtschlosses und finanzierte über die Hasso-Plattner-Stiftung den Neubau des einstigen Palais Barberini.

(Foto: Scheible/SAP)

Kunst und Wissenschaft - gibt es zwischen den beiden Disziplinen Ihrer Ansicht nach Gemeinsamkeiten? Und wenn ja, welche?

Sammeln ist passiv, Wissenschaft aktiv. Klare Strukturen und vor allem Qualität sucht man in beiden.

Sie haben das 2016 novellierte Kulturgutschutzgesetz, das die Abwanderung national bedeutenden Kulturguts verhindern soll und damit Sammler einschränken könnte, stark kritisiert. Was halten Sie von der aktuellen Fassung? Dieses Gesetz nützt, auf die Malerei bezogen, keinem - nicht einmal denen, die es beschlossen haben. Aber wir müssen jetzt erst einmal abwarten, wie es in der Praxis umgesetzt wird.

Zurück zur Kunst in der DDR: Auf welche Ausstellungsstücke im Museum Barberini freuen Sie sich besonders?

Ich freue mich vor allem darauf, dass die Bilder aus dem Museum Barberini im Dialog mit Leihgaben aus Museen wie der Nationalgalerie Berlin oder den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zu sehen sind - so hat man den direkten Vergleich. Und ich finde es gut, dass wir im Museum endlich einmal zeigen können, wie vielfältig und abwechslungsreich die Kunst in der DDR wirklich gewesen ist.

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