Süddeutsche Zeitung

Harald Schmidts Böttinger-Witz:Sprung in der Schüssel

Weil in Harald Schmidts Geburtstagsshow ein Gag wiederholt wurde, in dem er Bettina Böttinger mit einer Kloschüssel verglich, nahm der WDR die Sendung aus dem Programm: Damit geht der Streit jetzt erst richtig los.

Hans Hoff

Knapp zwei Millionen Menschen haben am 24. August im Ersten gesehen, wie der WDR seinen Moderator Harald Schmidt zum Geburtstag mit der fein zusammengeschnittenen Sondersendung "Herr Schmidt wird 50, will aber nicht feiern" beschenkte. Zu wenige waren das, befand die Fernsehdirektion am Folgetag und kippte die für den Samstagabend im WDR Fernsehen angekündigte Wiederholung aus dem Programm.

"Aufgrund der zu erwartenden schlechten Zuschauerakzeptanz haben wir uns entschieden, sie kurzfristig aus dem Programm zu nehmen", hieß es, was durchaus als neue Qualität zu werten ist, denn mit diesem sichtlich vorgeschobenen Argument könnte man fast jeden Samstagabend das komplette Programm des WDR Fernsehens austauschen.

Wie dünn das Eis war, auf dem die offizielle Erklärung dahinschlidderte, zeigt sich nun, denn im WDR brodelt es. So hat Intendantin Monika Piel angekündigt, über das Werk noch einmal reden zu wollen, und auch im Rundfunkrat soll die Sendung Thema sein. Und es gibt im WDR Unmut über die Absetzung einer Eigenproduktion, die mit zweifelhafter Begründung über die Köpfe der Redaktion hinweg vollzogen wurde, was auch eine neue Qualität der Ära Piel markiert.

Auslöser der Debatte ist jene Szene aus Sat-1-Tagen, in der Harald Schmidt 1995 eine Ausgabe der Zeitschrift Emma, eine Flasche Eierlikör, eine Kloschüssel und die WDR-Moderatorin Bettina Böttinger zeigt und fragt, was diese vier "Dinge" wohl gemeinsam hätten. Die wenig geschmackvolle Antwort lautete: "Die würde kein Mann freiwillig anfassen." Das hatte damals für Wirbel gesorgt und nun das Gerücht befördert, Bettina Böttinger persönlich habe interveniert. Die bestreitet dies nach wie vor.

Aktiv wurde dafür die Vorsitzende des Rundfunkrats-Programmausschusses Karin Junker, die der Intendantin und der Fernsehdirektorin mitgeteilt hat, "dass Teile der Sendung meiner Meinung nach gegen die Programmleitlinien des WDR verstoßen, die gerade auch für den Unterhaltungsbereich ausdrücklich die Wahrung von Respekt und Menschenwürde vorschreiben. Aus diesem Grund wird sich auch der Programmausschuss mit der Sendung befassen." Allerdings bestreitet Junker, an der Absetzung der WDR-Ausstrahlung mitgewirkt zu haben.

Junker bemängelt in ihrem Brief "eine der schlimmsten Herabwürdigungen einer beliebten Fernsehschaffenden" und sieht darin "Anlass genug für eine Programmbeschwerde". Hier sei der Grundsatz der journalistischen Fairness verletzt worden.

Zudem fragt sie, "ob und wie Frau Böttinger mit dieser Sendeabsicht konfrontiert wurde und ob man sie, falls der Beitrag (unverständlicherweise) dazu dienen sollte, die "dirty" Seite von "dirty Harry" zu belegen, um eine Kommentierung in der Sendung gebeten hat." Deutlich outet sich Junker als Böttinger-Fan, kritisiert aber auch die halbgare Erklärung der Fernsehdirektion. "Deshalb halte ich es auch nicht für glücklich, dass die Absetzung der Wiederholung mit Quotenmangel begründet wurde", schreibt sie.

Monika Piel kündigte inzwischen an, es werde "eine Diskussion über im WDR angemessene ethische Programmstandards geben. Gerade im Comedybereich schärfen solche Diskussionen die Grenzen zwischen öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Programmangeboten."

Beachten sollte man bei solch einer Diskussion indes auch, welchen journalistischen Standards eine aufs Lebenswerk abgestellte Schmidt-Hommage standgehalten hätte, die ohne den Böttinger-Eierlikör-Vergleich ausgekommen wäre, zumal Bettina Böttinger durchaus mit ihrer Gegenposition in der Sendung ausführlich zu Wort gekommen ist.

Nicht bestätigt wurde mittlerweile eine Meldung des Flurfunks, derzufolge Piel auch bei NDR-Intendant Jobst Plog interveniert habe, weil das NDR-Medienmagazin Zapp die Absetzung in der Rubrik "Umfaller der Woche" aufgegriffen und die nun beanstandeten Ausschnitte noch einmal gezeigt hat. "Hier ist kein solcher Brief eingegangen", sagt NDR-Sprecherin Iris Bents.

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Quelle:
SZ vom 7.9.2007
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