Halloween:Kirche gegen Kürbisköpfe

Halloween ist ein fantastisches Geschäft. Nun tritt die Kirche gegen den gottlosen Grusel an. Wer hat die älteren Rechte auf das Datum?

Matthias Drobinski

Die Waffe der Kirche ist klein und orangefarben, es gibt sie in den Geschmacksrichtungen süß und sauer. Eingepackt ist sie in Zellophan, und links prangt Martin Luther, wie ihn Lukas Cranach der Ältere malte, strenggesichtig und - halt, zwinkert da nicht der Reformator mit dem rechten Auge und verzieht den Mund zu einem spöttischen Lächeln?

970 000 "Luther-Bonbons" hat der evangelische Werbedienst produzieren lassen. Wenn nun die fröhliche Kinderschar mit Gruselmaske, Spitzhut und Skelett-Anzug am Pfarrhaus klingelt, schenkt der verantwortungsbewusste Geistliche Süßes und Saures, und Martin Luther zwinkert lustig dazu. 1:0 im Kampf Kirche gegen Kürbisköpfe.

Aber insgesamt scheint der Widerstand der Christen gegen das Fest mit keltischem Ursprung aussichtslos. Den Tag vor Allerheiligen haben die ausgehöhlten Kürbisköpfe besetzt, die Straße gehört den Kindergeistern, der Abend den Gruselparties. Bildungsforscher wie Heinz Reindler aus Würzburg finden es inzwischen positiv, wenn Kinder "auch mal 'ne Runde böse sein dürfen", Kürbissuppenrezepte machen die Runde, und dass Halloween ein fantastisches Geschäft ist, versteht sich von selbst.

Spielverderber?

Die Fachgruppe Karneval im Verband der deutschen Spielwarenindustrie reklamiert für sich, das Fest in Deutschland durchgesetzt zu haben; 2006 verkauften die Spielwarengeschäfte des Verbandes 80 000 Erwachsenen- und 130 000 Kinderkostüme, 200 000 Perücken, 250 000 Hexenhüte und Teufelshörner und über zwei Millionen Schminksätze.

Wer denkt da noch an den Reformationstag und daran, dass es am Mittwoch genau 490 Jahre her ist, dass Martin Luther seine 95 Thesen über den Ablass und die Buße veröffentlichte? Gerade die evangelische Kirche ist in einer schwierigen Lage: Sie will nicht als Spaßverderberin dastehen, die den Kindern die Bonbons neidet, sie will aber auch Luther hochhalten. Ihre Vertreter reagieren mal kulturkritisch wie der bayerische Landesbischof Johannes Friedrich: "Die grinsenden Kürbisse sind hohl, es ist nichts drin und nichts dahinter" - außer dem Geschäft mit dem Grusel -, "darum wird das Reformationsfest Halloween überdauern, nicht umgekehrt."

Oder sie unterstützen die christliche Konkurrenz zur Schauerparty wie der württembergische Bischof Frank July. Der wirbt für die sogenannten Church-Nights: In bundesweit fast 200 Kirchen wollen junge Protestanten zeigen, dass ein Reformationstagsabend mindestens so lustig ist wie eine Halloweenfete, nach dem Motto: "Die evangelische Kirche hat die älteren Rechte auf dieses Datum."

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