Süddeutsche Zeitung

"Halloween Ends" im Kino:Kürbismassaker

Mit dem Horrorfilm "Halloween Ends" erreicht der Fachkräftemangel das Serienmördergeschäft: Die Nachwuchs-Messerstecher beharren auf ihrer Work-Life-Balance.

Von David Steinitz

Der Film beginnt mit einer Art Kürbis-Matroschka, und das ist der Sache natürlich mehr als angemessen. Es handelt sich schließlich um den dreizehnten Teil der Reihe. Während also der Vorspann läuft, zur irren Filmmusik des "Halloween"-Erfinders John Carpenter, die so nervenaufreibend ist wie sonst nur noch der "Psycho"-Soundtrack, beißt eine animierte Kürbisfratze immer schon die nächste und schluckt ihren Vorgänger. Wird es jemals aufhören?

Ja, hat anscheinend der Regisseur David Gordon Green beschlossen, der das dritte Mal eine Folge inszeniert und diese hier tatsächlich "Halloween Ends" genannt hat. Die Vorzeichen stehen also auf Vergänglichkeit, und davon handelt auch der Film. Denn, oh Schreck, der Fachkräftemangel erreicht nun auch das Serienmördergeschäft. Der legendäre und bislang durch keine Waffe dauerhaft niederzustreckende Maskenmann Michael Myers hat sich in die Kanalisation unter der fiktiven Kleinstadt Haddonfield zurückgezogen, zu schwach, um noch allein das Messer zu schwingen. Aber über Umwege findet er einen Killer-Azubi.

Serienmorden, ja, gern - aber bitte nicht auf Kosten der Liebe

Der junge Automechaniker Corey (Rohan Campbell) ist in den gnadenlosen Gesellschaftsstrukturen des Kleinstadtlebens ein Geächteter, nachdem er in seiner Jugend einen schrecklichen Unfall verursacht hat, den man des Schauereffekts wegen nicht verraten darf. Corey ist also sehr empfänglich dafür, auf die dunkle Seite der Macht überzulaufen und die arroganten und verbohrten Kleinstädter aufzumischen. Dumm für seinen Lehrmeister Michael Myers ist allerdings, dass der Nachwuchs-Messerstecher, generationenüblich, sehr auf seine Work-Life-Balance achtet. Serienmorden ja, aber bitte nicht 24/7 und auf Kosten der Liebe - ein Privatleben muss schon auch noch sein.

Corey hätte nämlich gerne eine Freundin. Das Objekt seiner erotischen Obsession ist die Krankenschwester Allyson (Andi Matichak), die zufälligerweise auch die Enkelin der Ur-"Halloween"-Heldin Laurie Strode ist - gespielt natürlich wie immer von der stets selbstironischen und wunderbaren Jamie Lee Curtis.

Gut, richtig neu ist trotz des erweiterten Personals natürlich nichts. Aber David Gordon Green hat ja schon mit seinen beiden vorhergehenden "Halloween"-Slashern und Komödien wie "Ananas Express" gezeigt, dass er auch aus abgelutschten Genres noch einiges herausholen kann. Es gibt also durchaus ein paar veritable Schockmomente. Und dass man dem Horror in der dreizehnten Auflage auch mit einer Nuance Humor und also eingebauter Parodie begegnen muss, weiß er natürlich auch und meistert den Spagat souverän. So souverän, dass einem das Lachen mindestens einmal komplett im Hals stecken bleibt.

Im Lauf der Jahre hat sich Michael Myers, der als einfacher Messermörder begann, mehr und mehr in ein metaphysisches Wesen verwandelt. Keine Todesart konnte ihn bisher dauerhaft ausschalten. Er wurde schon erschossen, erstochen, verbrannt, ertränkt, in die Tiefe geworfen, von Autos überfahren, zu Brei geprügelt und an Bäumen zerquetscht, teilweise mehrfach.

Und doch ist er bei jeder neuen Fortsetzung wieder da - was Green und seinen Drehbuchautoren nun wohl selbst auf die Nerven geht. Weshalb sie diesmal ein Finale entworfen haben, das dem Titel "Halloween Ends" durchaus gerecht wird: Es könnte wirklich, wahrhaftig, ganz ohne Witz und Hintertürchen der letzte Schlussstrich unter die Kürbis-Saga sein, so angelegt, dass es sich mit keiner Drehbuchvolte mehr revidieren lässt, jetzt und für alle Zeit. Oder?

Halloween Ends, USA 2022 - Regie: David Gordon Green. Kamera: Michael Simmonds. Musik: John Carpenter. Mit: Jamie Lee Curtis, Andi Matichak, Nick Castle, Rohan Campbell. Universal, 111 Minuten. Kinostart: 13.10.2022.

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