Als Ersatzhandlungen bezeichnet man solche, die jemand ausführt, weil ihn Hemmung oder Verdrängung an dem eigentlich beabsichtigten Tun hindern. Die Beschäftigung mit dem Kunstkonvolut des früheren NS-Händlers und -Käufers Hildebrand Gurlitt, das 2012 in der Wohnung von dessen Sohn Cornelius Gurlitt beschlagnahmt wurde, erscheint immer mehr als eine Art staatlicher Ersatzhandlung. Der Bund könnte mit Nachdruck die deutschen Museumssammlungen und die Depots des Bundesamts für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) nach Raubkunst durchsuchen. Er könnte privaten Sammlern gesetzliche Wege öffnen, Raubkunst zu restituieren, statt sie zu verstecken oder unter der Hand zu veräußern. Stattdessen gibt der Staat viel Geld - 3,2 Millionen Euro bisher - dafür aus, die an geraubter oder abgepresster Kunst doch arme Privatsammlung von Cornelius Gurlitt zu "beforschen", als liege darin der Schlüssel zur Lösung des deutschen Raubkunstproblems. Gerade einmal sechs Raubkunstwerke wurden nach sechs Jahren Suche gefunden.
Gurlitt-Ausstellung in Berlin:Aufarbeitung aufarbeiten
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Berlin zeigt die mittlerweile dritte Ausstellung zur Sammlung Gurlitt. Sie wälzt viel Material, schafft es aber kaum, die Ungereimtheiten aufzulösen.
Von Jörg Häntzschel
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