Traueranzeige für Günter Maschke:In Trauer vereint

Traueranzeige für Günter Maschke: Illustre Trauergemeinde: Der Tod von Günter Maschke überbrückt Milieugrenzen.

Illustre Trauergemeinde: Der Tod von Günter Maschke überbrückt Milieugrenzen.

(Foto: Mareen Fischinger/imago/Westend61)

Günter Maschke begann als Linker, wurde Konservativer und endete am rechten Rand. In einer Traueranzeige in der FAZ finden die Milieus jetzt zueinander.

Von Miryam Schellbach

Die neurechte Szene ist kompliziert, zersplittert und von Gräben durchzogen, heißt es immer. Die alten, wertkonservativen und im weiteren Sinne bürgerlichen Netzwerke scheuen die neuen Bündnisse mit den Extremen, die wiederum freundschaftliche Verbindungen unterhalten zum schlagenden neofaschistischen Fußvolk. Gelegentlich aber, so erscheint es, herrscht unter den Herren - es sind ja bis auf eine prominente Ausnahme immer solche - größte Einigkeit. Eine in der FAZ veröffentliche Traueranzeige für den im Februar gestorbenen Publizisten Günter Maschke bringt Licht ins Dunkel und verschafft einen erstaunlichen Einblick in die bis weit ins bürgerliche Spektrum hineinreichende Strahlkraft der Neuen Rechten.

Der kürzlich mit 79 Jahren gestorbene Maschke gehörte zu denen, für die das militärische Wortungeheuer "Querfrontler" erst erfunden wurde, ehemals ein aktiver Achtundsechziger, Bewunderer von Adorno und Ernst Bloch, dann, in den Siebzigerjahren nach einer konservativen Wende unter dem Herausgeber Joachim Fest Autor der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Wegen inhaltlicher Konflikte, die sich besonders an Maschkes Nachruf auf Carl Schmitt entzündeten, wurde die Zusammenarbeit mit der Zeitung eingestellt. Nach einer weiteren geistigen, einer stramm reaktionären Wende schrieb Maschke dann für neurechte Blätter wie die Junge Freiheit und war an vielen Fronten publizistisch aktiv und ein rechtsintellektueller Stichwortgeber für viele Generationen.

Mosebach und Jäger stehen hier neben Kubitschek und Lichtmesz

Maschkes Marsch durch die linken über die konservativen bis hin zu den neurechten Institutionen und Medien findet ein Echo in den Unterzeichnern seiner Traueranzeige, abzüglich der noch linken Stimmen. Götz Kubitschek, Verleger des Antaios-Verlags und Hofherr der neurechten Kaderschmiede, die ihr intellektuelles Futter in der Zeitschrift Sezession und ihren Wallfahrtsort im Gutshof Schnellroda gefunden hat, ist dort zu finden, ebenso seine Frau Ellen Kositza.

Außerdem Alain de Benoist, der Chefideologe der französischen neuen Rechten, oder der 30 Jahre jüngere Martin Lichtmesz, Zentralfigur der Identitären-Bewegung und fester Redakteur in Kubitscheks Periodikum Sezession. Anscheinend keine Sorge, sich in Uniform mit diesen Paradefiguren des rechtsextremen Denkens zu zeigen, haben der Frankfurter Schriftsteller Martin Mosebach und der langjährige FAZ-Redakteur Lorenz Jäger.

Konservative Medien ziehen auch heute wieder Autoren radikal linker Zeitungen an

Wie eng diese Netzwerke konservativ-rechter Verbrüderung in die Verlagslandschaft hineinreichen, zeigt nicht nur Kubitschek, sondern auch Hans-Ulrich Kopp. Der Stuttgarter Unternehmer mit einer wichtigen Rolle im rechten Burschenschaftsmilieu gründete 2007 den Lepanto-Verlag, ein dem katholischen Medienverband zugehöriger Verlag für theologische Literatur.

Die Verlockung ist groß, die überraschende Zusammensetzung dieser Namensreihe vor allem für einen schon längst vergangenen historischen Moment in Anspruch zu nehmen. Figuren wie Maschke, linke Renegaten, die ans rechte Ufer überwechseln, hat es früher, in der "alten" BRD, zuhauf gegeben. In der neuen Generation tritt ein solcher Gesinnungswandel eher nicht auf. Die Lebensläufe der neuen Rechten sind stramm rechts, von Anfang an. Die Generationen treffen sich aber im aktuellen Feindbild. Es ist, wie der Heinrich-Mann-Preisträger Danilo Scholz nonchalant kommentierte, alles eine Frage des Anlasses: "In Trauer vereint: alte und neue Netzwerke".

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