Seine Romane, Erzählungen, Gedichte und Theaterstücke gehören zu den bedeutendsten der deutschen Nachkriegsliteratur, nun ist der Schriftsteller und Nobelpreisträger Günter Grass im Alter von 87 Jahren verstorben. Hinter ihm liegt ein bewegtes Leben.
Grass mit Frau Ute in seiner Geburtsstadt Danzig. Hier wird er 1927 geboren, verlebt seine Jugend und lässt sich von der Begeisterung der Mutter für die schönen Künste hinreißen. Früh ist ihm klar, dass er Künstler werden möchte. Inzwischen steht in Danzig das Günter-Grass-Museum, und bereits 1993 wird ihm dort die Ehrenbürgerwürde verliehen.
Der Weltruhm des Autors wird durch seinen Roman "Die Blechtrommel" begründet. Der erscheint 1959 als Teil der "Danziger Trilogie" und wird in den folgenden Jahrzehnten millionenfach verkauft - obwohl Grass selbst offenbar keine großen Hoffnungen in das Buch setzt. Der Erfolg gibt ihm unrecht, neben zahllosen Übersetzungen folgt zwanzig Jahre später sogar die Verfilmung. Auf dem Bild besucht der Autor den Hauptdarsteller der "Blechtrommel", David Bennent (Mitte), und Regisseur Volker Schlöndorff (rechts) während einer Drehpause. Auch der Film wird ein Welterfolg - ausgezeichnet mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film und mit der Goldenen Palme von Cannes.
Am 10. Dezember 1999 nimmt Grass im Konzerthaus in Stockholm den Nobelpreis für Literatur entgegen. Die Auszeichnung ist die Krönung seines Schaffens. In der Begründung der Akademie heißt es: "Der Spatenstich des Günter Grass in die Vergangenheit gräbt tiefer als der der meisten, und er findet, wie die Wurzeln des Guten und Bösen miteinander verschlungen liegen." Zur Feier des Tages trägt der Schriftsteller zum ersten Mal in seinem Leben Frack, wie er in einem Interview verrät.
Zeit seines Lebens mischt sich Günter Grass in die Politik ein - am Nächsten steht er stets der Sozialdemokratie. In den 1960er Jahren engagiert er sich in zahlreichen Wahlkämpfen für die SPD, zum späteren Bundeskanzler Willy Brandt (auf dem Bild rechts) pflegt er eine besondere Beziehung. Seine Erlebnisse in Kampagnen für die SPD hält Grass später in "Aus dem Tagebuch einer Schnecke" fest.
Nach seinem langen Engagement für die SPD und zehn Jahren offizieller Mitgliedschaft tritt Grass 1992 aus Protest gegen deren Asylpolitik aus der Partei aus. Jahre später unterstützt er aber den Wahlkampf der SPD zur Ablösung der Regierung Kohl. 2005 enthüllt er zusammen mit dem damaligen Kanzler Gerhard Schröder am Bundeskanzleramt in Berlin ein Kunstwerk.
Eine weitere für den Autor prägende Mitgliedschaft war die in der "Gruppe 47". Die einflussreiche Schriftsteller-Vereinigung hat sich die Erneuerung der deutschen Literatur nach dem Zweiten Weltkrieg zum Ziel gesetzt. Grass hält sich unter anderem jahrzehntelang an den von der Gruppe beschlossenen Boykott der Bild-Zeitung. Im Bild: Grass mit Dieter Wellershoff beim Jahrestrefffen der "Gruppe 47" 1964 in der schwedischen Stadt Sigtuna.
Die zweite Leidenschaft von Günter Grass ist die bildende Kunst. Bevor er als Schriftsteller und Lyriker berühmt wird, studiert er zwischen 1948 und 1956 Grafik und Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf sowie an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin.
Günter Grass 2002 in seinem Atelier in Behlendorf. Im Hintergrund eine Zeichnung von Grass, das die Schreibmaschine von Heinrich Böll zeigt. Auf dem abgebildeten Papier erkennt man Buchtitel von Böll. Grass lebt seine gestalterischen Begabungen unter anderem in seinem erfolgreichen Bildband "Mein Jahrhundert" (1999) aus, den er nicht nur mit Texten, sondern auch mit Aquarellen füllt. Außerdem gehört er zu den wenigen Autoren, die die Umschläge ihrer Bücher konsequent selbst gestalten.
Respektvolle Rivalen: Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki mit Grass beim Literaturforum im jüdischen Gemeindezentrum Berlins, wo Grass erstmals aus seinem neuen Roman "Ein weites Feld" liest. Reich-Ranicki erweist sich als einer der schärfsten Kritiker des Buchs und publiziert einen Totalverriss im Magazin Spiegel. Nur eine Episode im jahrzehntelang schwierigen Verhältnis der beiden, phasenweise gibt es auch Lob vom gefürchteten Literaturkritiker.
Solidarität für einen bedrohten Kollegen: Das Gruppenbild aus dem Jahr 1998 zeigt Grass in Berlin mit dem von einer iranischen Fatwa bedrohten britischen Schriftsteller Salman Rushdie (2.v.l.) und dem iranischen Schriftsteller Faradsch Sarkuhi (2.v.r.). Die Autoren treffen anläßlich einer Solidaritätsveranstaltung der Akademie der Künste für verfolgte Künstler in der deutschen Hauptstadt zusammen.
Im Jahr 2006 erleidet Günter Grass' öffentliches Ansehen erste Kratzer. Nach der Vorstellung seiner kontorversen Memoiren "Beim Häuten der Zwiebel" genehmigt sich Grass ein Glas Champagner im Berliner Ensemble.
Kurz vor dem Erscheinen seiner Autobiografie hat Grass erstmals öffentlich bekannt, als 17-Jähriger Mitglied der Waffen-SS gewesen zu sein. Er löst mit diesem späten Bekenntnis eine hochemotionale Diskussion im In- und Ausland aus. Hier eine Fotografie der "vorläufigen Erklärung des Kriegsgefangenen" Günter Grass, die er in US-Gefangenschaft bei Kriegsende abgab.
Es bleibt nicht die letzte Kontroverse im Leben von Grass - die letzte große Auseinandersetzung löst er mit der Veröffentlichung seines Gedichts "Was gesagt werden muss" (unter anderem in der Süddeutschen Zeitung) im April 2012 aus. Die darin von ihm geäußerte Kritik an der israelischen Politik gegenüber Iran bringt ihm von vielen Seiten Antisemitismus-Vorwürfe ein. Andererseits verteidigen ihn auch viele, darunter jüdische Intellektuelle.