DDR-Literatur:Schriftsteller Günter de Bruyn ist tot

Der Schriftsteller Günter de Bruyn

Der Schriftsteller Günter de Bruyn ist kurz vor seinem 94. Geburtstag gestorben.

(Foto: Patrick Pleul/dpa)

De Bruyn war einer der bekanntesten Schriftsteller in der DDR und kritisierte deren Politik. Er starb im Alter von 93 Jahren.

Wie der Landkreis Oder-Spree unter Berufung auf de Bruyns Familie am Donnerstag mitteilte, ist der Schriftsteller Günter de Bruyn bereits am 4. Oktober gestorben. Er wurde 93 Jahre alt.

De Bruyn war einer der bekanntesten Schriftsteller der DDR, kritisierte deren Politik aber auch immer wieder scharf. Sein Werk besteht zum einen aus autobiografisch gefärbten, realistischen Romanen und Erzählungen, die sich kritisch mit dem Privatleben von Kulturschaffenden in der DDR auseinandersetzten. Zum anderen aus Essays zu literaturwissenschaftlichen und historischen Themen, insbesondere aus der preußischen Geschichte.

In seinen ersten, im Laufe der Fünfzigerjahre entstandenen Erzählungen setzte sich de Bruyn mit seinen traumatischen Kriegserfahrungen auseinander. Ein großer Erfolg wurde sein 1963 veröffentlichter, mit dem Heinrich-Mann-Preis ausgezeichneter Romanerstling "Der Hohlweg" über die Lebenschancen der deutschen Jugend nach 1945. 17 Jahre lang hatte de Bruyn an diesem Werk gearbeitet und sich dabei an die propagandistischen Vorgaben des sozialistischen Realismus gehalten. Schon kurz nach dem Erscheinen distanzierte er sich von diesem Buch. Später verwarf er es in dem Aufsatz "Der Holzweg" (1974) ganz.

Zu seinen bekanntesten Werken zählen seine Romane "Buridans Esel" (1968), die Literaturbetriebssatire "Preisverleihung" (1972), der ironische Gelehrtenroman "Märkische Forschungen" (1981), schließlich der Bericht von Demenz und Siechtum seiner eigenen Mutter - in "Neue Herrlichkeit" (1984). Außerdem die beiden Bände seiner Autobiografie "Zwischenbilanz" und "Vierzig Jahre: Ein Lebensbericht". Der deutschen Einheit widmete sich der kritische Chronist auch in seinem Essayband "Deutsche Zustände" (1999), in dem er auch seine eigene Gefühlslage angesichts des Mauerfalls artikulierte.

De Bruyn war ein skeptischer Beobachter der DDR-Gesellschaft, ungeachtet seiner Mitgliedschaft im Zentralvorstand des Schriftstellerverbands der DDR (1965-1978). Er konnte sich jedoch weitgehend von staatlicher Bevormundung frei halten und schrieb gegen die gesellschaftlichen Zwänge an. Damit gehörte er bald zu den wenigen DDR-Autoren, die das in der Honecker-Ära tagtäglich beschworene Bild gesellschaftlicher Harmonie mit ihren Werken hartnäckig in Zweifel zogen.

1976 zählte er zu den Mitunterzeichnern des offenen Briefes gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann. De Bruyn empfand sich nie als "DDR-Schriftsteller", sondern stets als Teil einer gesamtdeutschen Literaturszene. Trotzdem landete er nicht auf der Liste jener DDR-Künstler, die durch die Verweigerung der Rückkehr von einer Reise in den Westen ausgebürgert wurden.

Auf dem 10. Schriftstellerkongress der DDR im November 1987 machte de Bruyn nachhaltig auf sich aufmerksam, als er die Aufhebung der Zensur in der DDR forderte. Zwei Jahre später lehnte er mit Hinweis auf die "Starre, Intoleranz und Dialogunfähigkeit" der DDR-Regierung den Nationalpreis ab.

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