Süddeutsche Zeitung

Literatur:Schriftstellerin Gudrun Pausewang ist tot

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Die Schriftstellerin Gudrun Pausewang ist tot. Sie verstarb am Donnerstagabend im Alter von 91 Jahren in der Nähe von Bamberg, wie ihr Sohn am Freitag der Deutschen Presse-Agentur mitteilte.

Pausewang wurde 1928 im ostböhmischen Wichstadtl, heute Mladkov, als Tochter nationalsozialistisch gesinnter Eltern geboren. Nach Kriegsende floh die Familie nach Westdeutschland. Nach einem Studium der Germanistik arbeitete Pausewang als Lehrerin, unter anderem auch für einige Jahre in Südamerika.

Ihre frühen Texte schrieb sie für Erwachsene. Ihr erster Roman, "Rio Amargo" aus dem Jahr 1959 wurde gleich ein Publikumserfolg. Das Märchen "Hinterm Haus der Wassermann" aus dem Jahr 1972 bildete den Auftakt zu Pausewangs Erfolgsserie als Kinder- und Jugendbuchautorin. Inhaltlich beschäftigten sie dabei immer wieder politische Themen wie Umweltzerstörung, Flucht, Krieg und die Auseinandersetzung mit der NS-Ideologie.

Zu ihren erfolgreichsten Jugendbüchern gehört "Die letzten Kinder von Schewenborn" von 1983 und der Roman "Die Wolke" aus dem Jahr 1987 über die Folgen eines fiktiven Atomreaktorunfalls. Das damals hoch umstrittene Buch wurde ein Jahr nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl zum Bestseller und avancierte zur Bibel der Anti-Atom-Bewegung. Als Schullektüre prägte der Roman Generationen.

Nach eigenen Angaben schrieb Pausewang mehr als 100 Bücher, knapp fünf Millionen Exemplare wurden verkauft. Noch mit 70 Jahren wurde sie mit einer Doktorarbeit über "Vergessene Jugendschriftsteller der Erich-Kästner-Generation" promoviert. In ihrem letzten Buch "So war es, als ich klein war" von 2016 hielt sie ihre Kindheitserinnerungen fest. Pausewang erhielt für ihr Schaffen zahlreiche Preise, unter anderem den Deutschen Jugendliteraturpreis für ihr Lebenswerk.

Dem Vorwurf, sie schüre mit ihren Büchern bewusst Ängste, widersprach Pausewang dabei stets energisch. In einem Interview aus dem Jahr 2011 sagte sie: "Ich glaubte an Hitler und seine Botschaft bis zuletzt. Erst Jahre nach dem Krieg begriff ich langsam, dass es nicht genügt, sich alle vier Jahre an der Wahlurne fragen zu lassen: Wie hätten Sie's denn politisch gerne?" Als Bürgerin eines demokratischen Systems sei man mitverantwortlich für die Politik seines Landes und damit auch für das Wohlergehen seiner Mitbürger, sagte Pausewang damals. Sie wolle sich von ihren Enkeln nicht fragen lassen, warum sie nichts getan habe. Sie wolle ihnen sagen: "Im Rahmen meiner bescheidenen Möglichkeiten habe ich versucht, etwas gegen die Gefahren unserer Zeit zu tun!"

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