Großformat:Werk ohne Betrachter

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(Foto: © Pae White. Courtesy the artist and neugerriemschneider, Berlin; Jens Ziehe, Berlin)

Die Wolke der Künstlerin Pae White hätte das Symbol für den Berliner Flughafen werden können. Doch bis heute fehlt der Kunst am Bau ein Publikum. Gerade wird wieder diskutiert, ob dieses je kommt.

Von Catrin Lorch

Als der Flughafen Berlin-Brandenburg im Jahr 2012 fast eröffnet worden wäre, schwebte über den Zeitungsberichten und den Aufnahmen in den Nachrichtensendungen immer wieder diese rote, weichgeformte Wolke: Die Arbeit "The Magic Carpet" der amerikanischen Künstlerin Pae White hätte so etwas wie das Signet des Baus werden können, hängt der "Fliegende Teppich", 37 mal 27 Meter groß und aus unzähligen kleinen Plättchen zusammengesetzt, doch ausladend unter der Decke der Check-in-Halle. Das Kunstwerk war nicht allein - mehr als zwei Millionen Euro hatte der Bund als Mitgesellschafter für die "Kunst am Bau" ausgegeben, in einem Wettbewerb waren Künstler wie Olaf Nicolai oder Matt Mullican ausgewählt worden, an sechs Standorten, "die wichtige Stationen für Reisende markieren", wie es in einer Broschüre heißt, ein Kunstwerk zu installieren.

Doch die Kunst fand bislang kein Publikum, weil niemand ankam und niemand abreiste. Unter dem Rot der Wolke wurde es nicht bunt und bewegt, es kontrastiert weiter - in aller Stille - mit der Architektur, die sich als graue und schwarze Blöcke unter die roten Kurven schiebt. Ruhig ist es auch vor den Zeichen, die Matt Mullican in Glasscheiben geritzt hat. Und niemand lädt die App, die Bjørn Melhus einst entworfen hat, um virtuelle und reale Welt zu verlinken. Während Brandschutzanlagen verbessert, Kabel verlegt und Betonkanäle verspachtelt werden, wartet die Kunst weiterhin auf die Betrachter, und das kann dauern: Diese Woche wurde bekannt, dass die für den Herbst 2020 geplante Eröffnung womöglich noch einmal verschoben werden muss, Experten befürchten sogar, dass der Flughafen vielleicht nie in Betrieb gehen wird.

Doch was wird dann aus der Kunst, die für diesen Ort entwickelt wurde und fest eingebaut ist? "Es wäre nicht die einzige Kunst am Bau, die einen Funktionswandel verkraften muss", sagt der Kunsthistoriker Johannes Stahl, der als Experte im Jahr 2015 zu einem "Werkstattgespräch" in die Hallen geladen worden war. "Das kann man in Bonn studieren, wo ehemalige Kasernen jetzt als Auffanglager für Geflüchtete genutzt werden." Ob sich die Applikation von Bjørn Melhus - deren QR-Code Reisende im Vorbeigehen laden sollten - an andere Nutzungen anpassen lässt, ist fraglich, zudem müsste der Künstler einwilligen. Im Fall eines Abrisses allerdings hätte der Bauherr die geringsten Probleme: Während jede Änderung an einem Kunstwerk genauer Absprachen bedarf, hätte er das Recht, mit dem Bau auch die Kunst abzureißen.

© SZ vom 18.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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