Süddeutsche Zeitung

Großformat:Treffpunkt im Grünen

Wo es wieder warm ist, strömen die Menschen nach draußen. Atelier le balto hat einen Park für Berlin Mitte entworfen. Ein Plädoyer für einen Garten für alle.

Von Laura Weissmüller

Ein Schloss braucht einen Park, dachten sich die Landschaftsarchitekten von atelier le balto. Und weil das Schloss in Berlin nicht mehr für eine absurde Baufantasie gehalten werden kann, seitdem sein mächtiger Rohbau steht, entwarfen Véronique Faucheur, Marc Pouzol und Marc Vatinel einen Park als riesigen Garten im Rücken des neuen Schlosses.

Um das Areal dort, das sogenannte Marx-Engels-Forum, wird im Augenblick gerungen. Die "Freunde der Berliner Historischen Mitte" trommeln für einen Wiederaufbau in alter Dichte. Was das bedeuten kann, zeigt Schinkels Friedrichswerdersche Kirche, die zu zerbröseln droht, weil sich neue Wohnhäuser derart dicht an sie heranwanzen. Atelier le balto, das sein Büro in Berlin hat, liefert das Gegenprogramm: ein großes Feld, etwas tiefer gelegt und mit einer Mauer aus Obstbäumen, um es vor dem Wind zu schützen. Absurd für ein Schloss? Überhaupt nicht. Die drei Landschaftsarchitekten, die weltweit schon viele Parks und Gärten für Museen und Ausstellungen entwickelten und dabei immer versuchen, mit dem Vorhandenen zu arbeiten, mit dem Boden, den passenden Pflanzen, den Menschen dort, haben ihre Idee aus Versailles nach Berlin gebracht. Auch in Frankreich gab es einen großen Nutzgarten für den König.

In Berlin dürfte nicht nur ein Monarch, sondern es dürften alle den Park benutzen, zum Flanieren, aber auch zum Gärtnern. Alte Berliner, neue Berliner, Touristen, Flüchtlinge. Ein grüner Treffpunkt für jeden sozusagen. "Der Garten ist das einzige Universelle, das wir haben", sagt Marc Pouzol. "In unserer Generation besaß ja fast jeder noch Großeltern, die einen Garten hatten." In einem öffentlichen Garten kämen Fremde leicht ins Gespräch, darüber, was eine Pflanze braucht, wie der Boden beschaffen sein soll, oder einfach, wie schön es im Augenblick blüht.

Eine Gesellschaft, die sich gerade aggressiv in ihre Einzelteile zerlegt, könnte solche verbindenden Orte gebrauchen. Nicht nur in Berlin, aber vielleicht vor allem dort. Im Herzen des Landes.

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Quelle:
SZ vom 07.05.2016
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