Großformat:Sperrgepäck

Auf der Biennale in Venedig, die nächste Woche eröffnet wird, baut der Berliner Künstler Michael Beutler eine schwimmende Werft, da muss viel transportiert werden. Seine Packliste? Lauter Zeichnungen.

Von Catrin Lorch

In diesem Kunstsommer, den man auch als große Reise zwischen der Documenta in Athen und Kassel, den Skulpturprojekten in Münster und der Biennale in Venedig beschreiben kann, als Grand Tour, werden viele Koffer gepackt. Kuratoren, das Publikum, Kunst-Touristen und Sammler brechen in der kommenden Woche zur Vernissage der Biennale in Venedig auf, die am Samstag, 13. Mai, beginnt.

Auch Künstler packen. Aber in anderem Umfang: Michael Beutler nimmt an der Ausstellung "Viva Arte Viva" teil, die im Arsenale stattfindet. Der 1976 in Oldenburg geborene Künstler wurde mit gewaltigen Maschinen und Geräten bekannt, die wie Spinnräder, Webstühle oder Fließbänder konstruiert sind und ganze Stoffbahnen zu Flickenteppichen verweben oder Zaungitter mit buntem Papier beschichten. Was er aus Holz, Plastik oder Drahtgeflecht, Stoff und Papier konstruiert, erinnert mal an Maschinen, mal an Werkhallen, Pagoden oder auch an Minimal Art. Als er vor zwei Jahren in Berlin im Hamburger Bahnhof ausstellte, schien der Übergang zwischen Werkbank, Material und Kunstwerk fließend zu sein.

Im Arsenale wurde dem Künstler nun ein kleiner Park zugewiesen, der am Ende des Parcours liegt. Ein freies Stück zwischen den mittelalterlichen Gebäuden, in denen die Venezianer ihre Flotte bauten. Michael Beutler hat für diese kleine Grünfläche "Shipyard" entworfen, eine gewaltige Werft, elf Meter lang, mehr als sechs Meter hoch. Allerdings nennt er seinen Entwurf im Gespräch auch Schiff, weil die Konstruktion auf vier Schwimmern in Wasserbecken steht.

Die vorgefertigten Holzteile, aus denen diese Werft, die eigentlich ein Schiff ist, zusammengesetzt wird, füllten beim Transport durch die Lagune gleich zwei Kähne; angeliefert wurden sie von Berlin aus mit einem Lastwagen. Michael Beutler musste für den Aufbau aber auch Werkzeug verladen, durfte Wasserbecken, Schläuche und Pumpen nicht vergessen.

Viele Künstler und Galeristen haben in den vergangenen Wochen und Monaten Material bestellt, Leihscheine ausgefüllt, Kisten bauen lassen, mit Spediteuren verhandelt. Seitenweise Papierkram kommt da zusammen. Beutler füllte während der Vorbereitungszeit ein Notizbuch, er ist, was die Planungen für "Shipyard" angeht, sein eigener Generalunternehmer. Aber er ist auch Künstler. Und kann sich besser vorstellen, wie gestapelt, verschnürt und verladen wird, wenn er mit dem Zeichenstift denkt. Die Blätter, die er dem Großformat zur Verfügung gestellt hat, stammen aus diesem Notizbuch. Man muss solche Packlisten aber auch als Skizzen sehen - wie Michelangelos Studien -, in denen eine Skulptur erstmals zu ihrer Form findet.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: