Süddeutsche Zeitung

Großformat:Müllverarbeitung

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Die Bildhauerin Judith Hopf bereitet Plastikmüll auf und macht Dekoration daraus. Ihre Palmen bilden die Kulisse für Models. Die Mode-Industrie mag solche Kooperationen.

Von Catrin Lorch

Wo die Mode zum Defilee aufmarschiert, inszenieren Designer immer häufiger den großen Traum: Luxusliner, schottische Schlösser, Dampflokomotiven - die Ära Youtube verlangt nicht nach einem Laufsteg, sondern nach Kulissen für Trailer, die mit der Vision auch Sonnenbrillen und Parfum verkaufen. Zur Illusionsmaschine taugt diese Installation allerdings nicht: Hell und leicht strecken sich die Palmen vom Boden bis zur Decke, luftig und bunt gemustert wirkt es, als habe man die Stämme in das Foto collagiert; fremd und eigen. Die industriell anmutende Halle hat sich der Designer Francesco Risso für das Label Marni gesichert. Und auch seine Show soll mehr sein als nur Laufsteg. Er nennt sie "Act 2", den zweiten Akt einer Aufführung, die mit der Sommerkollektion begann. Damals hängte er Plastikmüll über den Laufsteg und beleuchtete ihn so, dass er magisch - und bizarr schön - strahlte. Es war jetzt an der Künstlerin Judith Hopf den Müll noch einmal aufzubereiten. Und die Palmen, die sie entworfen hat, sind weniger Kulisse denn Requisit: Die Choreografie sieht vor, dass die Models unter ihnen posieren. Die Mode-Industrie schätzt solche Kollaborationen mit der Kunst - wobei es einen gewaltigen Unterschied macht, ob Stars wie Jeff Koons ein paar Handtaschen bedruckt oder Raymond Pettibon den Schriftzug von Dior wie nebenbei neu auf die Anzeigenseiten setzt. Im ersten Fall geht es um funkelnde Veredelung, im zweiten um die längerfristige Arbeit am Image. Die Berliner Bildhauerin Judith Hopf, die unter anderem bei der Documenta 13 mit einer gewaltigen Installation aus Gläsern zu sehen war, hat sich der Aufgabe nicht ohne Humor gestellt. Wenn man sie fragt, ob das jetzt Kunst ist oder nach dem Catwalk weg kann, sagt sie, der in Palmen verwandelte Plastikmüll werde durchaus aufbewahrt werden. Ein Satz, in dem mehr als ein Traum anklingt - eine kleine Utopie.

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Quelle:
SZ vom 21.09.2019
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