Süddeutsche Zeitung

Großformat:Freiheit und Hoffnung

Diese Ideale symbolisierten das World Trade Center vor den Anschlägen vom 11. September 2001. Die Künstler Stefka Ammon und Robert Ziegler sammeln Bilder aus dieser Zeit.

Von Andrian Kreye

Das World Trade Center war für die Menschen in Manhattan mal so etwas wie ein Südstern. Wenn man zum Beispiel frühmorgens aus einem Club stolperte, hatte man mit einem Blick seine Orientierung wieder. Oder wenn man neu in die Stadt kam, war es zumindest in den ersten Tagen (nirgendwo kennt man sich ja so schnell aus wie in Manhattan) hilfreich zu wissen, dass das World Trade Center immer im Süden und das Empire State Building von Downtown aus gesehen im Norden steht. Nach den Anschlägen des 11. September 2001, als die Zwillingstürme einstürzten, wurde das Loch in der Skyline zu einem negativen Pol der Emotionen, denn nun war jeder Blick nach Süden von einem Phantomschmerz begleitet.

Am kommenden Montag, den 11. September 2017, ist das sechzehn Jahre her. Viele, die heute dort leben, kennen die Zwillingstürme nicht mehr. Für viele in aller Welt bleiben sie aber ein Symbol für die Hoffnung und den Optimismus des späten 20. Jahrhunderts. Die Berliner Künstler Stefka Ammon und Robert Ziegler haben 2009 damit begonnen, Schnappschüsse aus dieser Zeit zu sammeln (Ammon ist in der Spalte rechts oben bei ihrem ersten New-York-Besuch 1996 auf der Brooklyn Bridge zu sehen, Ziegler auf dem Bild darunter beim Schüleraustausch 1989). Denn das World Trade Center war eines der meistfotografierten Wahrzeichen der Welt, was ja auch daran lag, dass es so fotogen über den Hudson River ragte und aus unzähligen Winkeln einen prächtigen Hintergrund abgab.

Ammon erinnert sich: "Ende der Neunzigerjahre studierte ich in Philadelphia und bin alle paar Wochen mit dem Zug nach New York. Ungefähr eine halbe Stunde, bevor man ankam, konnte man schon die Türme am Horizont sehen. Das war schon immer wieder ein erhebendes Gefühl." Und weil sie sich in ihren konzeptionellen Arbeiten immer wieder mit der symbolischen Aufladung von Orten beschäftigte, begann sie, mit Robert Ziegler nach diesen Bildern zu suchen. Auch da steht das World Trade Center für eine Ära. "Als es Ende der Sechzigerjahr gebaut wurde, war das der Beginn der Privatfotografie. Damals musste man sich noch bewusst für ein Foto entscheiden. Film war teuer. Diese Ära ging dann um 2001 gerade zu Ende." Über 600 Bilder sind schon zusammengekommen, die auf der Webseite my-wtc.com zu sehen sind. Und ja, wer ein Bild von sich mit den Zwillingstürmen und ein paar Zeilen einschickt, der wird auch in die Sammlung aufgenommen.

In dieser Rubrik zeigen wir jede Woche neue, unbekannte oder verschollene Werke von Künstlern, Autoren, Architekten, Komponisten, Regisseuren und Designern. Sie sprechen für sich selbst, wir erzählen die Geschichte ihrer Entstehung.

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Quelle:
SZ vom 09.09.2017
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