Großformat:Film-Geschichte

Der amerikanische Kameramann Ed Lachman hält seit 40 Jahren alle Dreharbeiten mit der Fotokamera fest. Für uns hat er erstmals diese künstlerischen Fototagebücher geöffnet.

Von Julia Niemann

Eingehüllt in schwefligen Dampf besteigen der Regisseur Werner Herzog und sein Kameramann Ed Lachman einen aktiven Vulkan, der kurz vor dem Ausbruch steht. Der Vulkan ist der Schauplatz von Herzogs Dokumentation "La Soufrière" von 1976, über den gleichnamigen Vulkan auf der französischen Karibikinsel Guadeloupe. Lachman fotografiert Herzog, Herzog fotografiert Lachman (links unten). Die Dreharbeiten waren lebensgefährlich. "Als wir ankamen, fragte ich Werner: Und was, wenn der Vulkan jetzt ausbricht?", erinnert sich Lachman. "Und er antwortete nur: Na ja, dann werden wir wohl durch die Luft geschleudert."

Die Fotoalben des preisgekrönten Kameramanns Ed Lachman zeigen, wo seine filmischen Wurzeln liegen. Lachman ist eine Hollywoodgröße, er filmte etwa Sofia Coppolas "The Virgin Suicides", Steven Soderberghs "Erin Brockovich" oder Todd Haynes' "Carol". Zweimal wurde er für den Oscar nominiert. Die jüngste Arbeit des fast 70-Jährigen ist der Spielfilm "Wonderstruck" von Todd Haynes, der im Frühjahr auf den Filmfestspielen in Cannes Premiere feiern wird. Aber Lachman zieht es immer wieder nach Europa. Dort hat er mit Regisseuren wie Bernardo Bertolucci, Ulrich Seidl oder Wim Wenders gearbeitet. All diese Dreharbeiten hält er fotografisch fest.

Wim Wenders ließ sich 1980 im Helikopter bei den Dreharbeiten zu "Lightning Over Water" fotografieren (rechts unten). Sie drehten gerade die Titelsequenz des Films, einen Blick von oben auf eine glitzernde Wasseroberfläche. Durch die Bewegung des Helikopters wurden Lachmans Bilder unscharf, "die Lichtreflexionen sahen dadurch aus wie kleine Blitze. So entstand überhaupt erst der Titel des Films".

In den frühen 1980ern arbeitete Lachman mit Jean-Luc Godard zusammen. Godard besuchte damals Francis Ford Coppolas Zeotrope-Filmstudios, Ford Coppola hatte ihn eingeladen, seinen Dreharbeiten zu "One from the heart" beizuwohnen. Gemeinsam mit Lachman hielt Godard Szenen der Dreharbeiten fest, woraus Godards Kurzfilm "Une bonne à tout faire" entstand. Lachman fand Godard sympathisch, aber ungewöhnlich. "In seinem Büro in den Zoetrope-Studios hing ein Polaroid von seiner sterbenden Zimmerpflanze in der Schweiz. Weil er so selten zu Hause war, konnte er sie nie gießen." Godard wollte nicht nur die Stunden des Filmdrehs mit Lachman verbringen, sondern auch die ganze übrige Zeit (links und oben). "Wir verbrachten also sehr viel Zeit miteinander, aber er war nicht der Gesprächigste. Ich entschied dann, nicht mit ihm zu sprechen, wenn er mich nicht zuerst ansprach. Also schwiegen wir manchmal für Stunden."

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