Süddeutsche Zeitung

Großformat:Der Chronist

Mitch Epstein reist wieder durch die USA. Seine Foto-Serie "Property Rights" fragt, wer über den Boden des Landes verfügt, in Reservaten, an Grenzen und vor Pipelines.

Von Catrin Lorch

Der Fotograf Mitch Epstein, geboren 1952 als Kind von Holocaust-Überlebenden in Holyoke, Massachusetts, gilt als einer der bedeutendsten Chronisten des amerikanischen Lebens, seit er in den Siebzigerjahren erstmals seine schwarz-weißen und farbigen Aufnahmen veröffentlichte. Nach Aufenthalten in Indien und Vietnam widmete er in den Neunzigerjahren dann dem Thema Energie einen ganzen Bildband. Für die Serie "American Power" war er fünf Jahre lang durch seine Heimat gereist. Seit zwei Jahren ist er nun wieder unterwegs, diesmal geht es um "Property Rights" und also die Frage, wer eigentlich aufgrund welcher Autorität und aus welchem Recht über den amerikanischen Boden verfügt, eine - wie er selbst schreibt - epochale amerikanische Frage.

Die Aufnahme des umgekehrt aufgehängten Sternenbanners entstand beispielsweise bei den Demonstrationen von Tausenden Indianern und Wasserschützern im Jahr 2016 gegen den Bau einer Ölpipeline durch heiliges Gelände im Standing Rock Sioux Reservat (Alle Fotos: Black River Productions/ Mitch Epstein/ Galerie Thomas Zander Köln). Nachdem die Arbeiten an dem Großprojekt unter der Regierung von Barack Obama gestoppt worden waren, hatte Donald Trump die Fertigstellung genehmigt. Die Nationalflagge falsch aufzuhängen, steht in den USA unter Strafe, die Fahne wird so zum Symbol des Protests, ähnlich wie das Knien während der Nationalhymne. Und auch ein Schild wie "Indian Land" bezeichnet mehr als nur Besitzverhältnisse, es ist ein Symbol für ein neues Selbstverständnis. Vielerorts kaufen Indianer sich Land zurück.

"Ich begann die Serie am Standing Rock", schreibt Mitch Epstein im Buch, "und reiste weiter, um andere bedrohte amerikanische Gebiete zu fotografieren." Er dokumentiert nicht nur die Zerstörung der Umwelt, die Landnahmen von Bergbau, Öl- und Gasindustrie. Sondern auch die immer stärker militarisierte Grenzzone zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko. Dabei sieht sich dieser große zeitgenössische amerikanische Fotograf nicht als Dokumentarist oder Künstler, sondern als Aktivist: "Ich habe die Orte als Akt des Widerstands fotografiert."

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Quelle:
SZ vom 23.03.2019
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