Süddeutsche Zeitung

Großformat:Das Programm des Paten

Heinz Badewitz regierte von Hof aus den deutschen Autorenfilm. Er starb kurz vor der 50. Ausgabe seiner Filmtage. Sein Programmzettel erinnert an eine Epoche, in der auch Werner Herzogs Experimente noch kurz waren.

Von David Steinitz

Heinz Badewitz war der heimliche Pate des deutschen Kinos. 1967 gründete er in seiner Geburtsstadt die Internationalen Hofer Filmtage, die Filme aus der ganzen Welt einluden, aber doch vor allem zur wichtigen Festival-Plattform für den deutschen Nachwuchs wurden. Rainer Werner Fassbinder, Wim Wenders und Werner Herzog zeigten hier ihre Filme, später Doris Dörrie, Detlev Buck und Tom Tykwer. Im März ist Badewitz, der das Festival nach dem Prinzip eines stoischen fränkischen Filmsonnenkönigs geprägt und gestaltet hat, überraschend gestorben - ausgerechnet vor der 50. Jubiläumsausgabe der Filmtage, die nun am 25. Oktober das erste Mal ohne ihn eröffnet werden müssen. Dieses Großformat - die eigenhändige Programmplanung von Heinz Badewitz aus dem Jahr 1968 - ist jetzt so etwas wie ein Abschiedsgruß. Auf zwei Schreibmaschinenseiten legte er mit vielen handschriftlichen Ergänzungen und Änderungen das Programm fest, das bei dieser zweiten Ausgabe der Filmtage nur ein Wochenende lang in einem einzigen Kino, dem Scala, zu sehen war. Auf den Plakaten stand damals noch: "Das kleinste Filmfestival der Welt". Und Badewitz sagte: "Wir brauchen keine Stars, wir machen sie." In jener zweiten Ausgabe war Jean-Marie Straub dabei, der den Neuen Deutschen Film von München aus prägte, und zeigte seine "Chronik der Anna Magdalena Bach". Werner Herzog präsentierte "Letzte Worte", einen zwölfminütigen Kurzfilm, den er 1968 in Griechenland drehte. Er handelt von einem Mann, der von der Insel Spinalonga, die einst eine Leprakolonie war, nach Kreta zwangsumgesiedelt wird. Eine Stilübung nur zwischen zwei Spielfilmen, und doch steckt in diesem Hofer Beitrag schon der große Regisseur Herzog. Der Film ist mittlerweile auch auf Youtube zu finden, damals gab es solche merkwürdigen deutsche Kinoexperimente nur in Hof zu sehen. Auch die Filmemacherin May Spils war mit einem Kurzfilm vertreten, später sollte sie mit "Zur Sache, Schätzchen" Schwabing ein Denkmal setzen - Hof ist bis heute vor allem ein Außenposten der Münchner Filmclique. Und ja, 1968 war auch der Festivalleiter selbst im eigenen Programm vertreten, mit "Träume von Attenham", einem "Kurzspielfilm", der dieser Bezeichnung alle Ehre machte. Dauer: zwei Minuten.

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Quelle:
SZ vom 22.10.2016
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