Großformat:Besuch mit Hautkontakt

Der Künstler Michael Smith hat für die Münsteraner Skulpturprojekte ein Tattoo-Studio eröffnet. Wer wollte, ließ sich ein bleibendes Souvenir stechen.

Von Catrin Lorch

Wenn die fünfte Ausgabe der Skulpturprojekte an diesem Sonntag zu Ende geht, werden wohl mehr als 600 000 Besucher den Parcours in der Innenstadt von Münster gesehen haben. Das nur alle zehn Jahre stattfindende Ereignis gilt als eine der bedeutendsten Ausstellungen zur zeitgenössischen Skulptur überhaupt. Schon weil die Skulpturprojekte seit ihrer Gründung durch Kasper König im Jahr 1977 das Verständnis von Kunst und Öffentlichkeit entscheidend beeinflusst und begleitet haben. Einer der ungewöhnlichsten Beiträge verbarg sich in diesem Jahr hinter einer schlichten Backsteinfassade im Hafenviertel. "Not Quite Under_Ground" war ein Tattoo-Studio, das der amerikanische Künstler Michael Smith eingerichtet hatte.

Der Laden war ausgestattet mit dicken Motivbüchern und gerahmten Vorlagen an den Wänden. Herzen, Schlangen, Slogans, unzählige kleine Bilder - in einer exklusiven Mischung: Jedes einzelne war von einem Künstler entworfen worden. Zunächst hatte der im Jahr 1951 geborene Michael Smith die anderen Teilnehmer der diesjährigen Skulpturprojekte aufgefordert, sich doch an seiner Aktion zu beteiligen, schon "um ihre Arbeit für Münster über den Tag hinaus zu verlängern und die Öffentlichkeit noch stärker einzubeziehen", wie er nicht ohne Ironie sagt. Außerdem bettelte er noch Künstlerfreunde wie Lawrence Weiner an, er brauche Material. Denn tatsächlich war "Not Quite Under_Ground" keine Installation, sondern ein echtes Studio. Mit Behandlungsstuhl, Wartezimmer, lauter Musik, Tätowierer und einem überraschenden Seniorenrabatt.

Viele Hundert Besucher der Skulpturprojekte haben sich seither als dauerhaftes Souvenir ein Bild auf die Haut tätowieren lassen. Am beliebtesten waren wohl die Vorlagen von Sean Bluechel, der eine ganze Seite voller Enten und Schlangen eingereicht hatte. Und das kleine Buchstabenspiel von Alexandra Pirici, das hier abgebildet ist. Ansonsten hat der Künstler für dieses Großformat vor allem Motive ausgesucht, die bislang kaum nachgefragt wurden. Michael Smith nennt sie "verborgene Schätze" und hofft, dass sie auf diesem Weg vielleicht noch Liebhaber finden. Der Künstler hat sich übrigens - gerade noch rechtzeitig - angestellt, um sich selbst ein Tattoo stechen lassen. Sein erstes.

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