Grimme-Preise in Marl verliehen:Ein Preis für etwas ganz Schlechtes

Anke Engelke und Bastian Pastewka haben etwas ganz Schlechtes besonders gut gemacht und Iris Berben erhielt den Ritterschlag: Grimme-Preis-Verleihung in Marl.

An 364 Tagen im Jahr hat Marl wenig Glamour. Doch immer dann, wenn das ortsansässige Adolf-Grimme-Institut die besten Fernsehproduktionen des vergangenen Jahres auszeichnet, wird die Stadt in Nordrhein-Westfalen für wenige Stunden zur "Hauptstadt des Qualitätsfernsehens".

Grimme-Preise in Marl verliehen: Iris Berben freut sich über ihren Preis: "Das ist ein Ritterschlag."

Iris Berben freut sich über ihren Preis: "Das ist ein Ritterschlag."

(Foto: Foto: dpa)

Bei der Verleihung der Grimme-Preise am Freitag schritt Preisträgerin Iris Berben mit ihrem neuen Lebensgefährten, dem Stuntman Heiko Kiesow, durchs Spalier der Reporter und Fotografen vor dem städtischen Theater. Das ebenfalls ausgezeichnete Comedy-Duo Anke Engelke und Bastian Pastewka strahlte Arm in Arm im Blitzlicht-Gewitter auf dem Roten Teppich. Sie haben die Jury als Verwandlungskünstler in der Show-Parodie "Fröhliche Weihnachten" (Sat.1) überzeugt.

Zehn Preise für die Öffentlich-rechtlichen

In Dirndl und Lodenanzug nahmen sie als Moderatorenpaar Anneliese und Wolfgang das Unterhaltungsfernsehen aufs Korn - samt dessen illustrer Vertreter. "Seid ihr zu eurem Sender gegangen und habt gesagt, wir wollen etwas ganz Schlechtes besonders gut machen?", fragte TV-Moderator Dieter Moor, der in diesem Jahr durch die Gala führte. "Wir möchten diesen Preis allen Sendungen widmen, die hier mit Recht niemals ausgezeichnet werden", konterte Pastewka, der just an diesem Abend seinen 36. Geburtstag feierte.

An der Seite von Engelke mag er sich leiden auf dem Bildschirm, hat er beim Empfang vor der Preisverleihung gesagt. "Sonst finde ich mich furchtbar. Ich sehe immer nur meine Fehler."

Zwölfmal rief Moor Schauspieler, Autoren und Regisseure zu sich auf die Bühne und überreichte den kleinen silberfarbenen TV- Bildschirm. Zehnmal ging der Preis an öffentlich-rechtliche Produktionen.

Mit euphorischem Applaus würdigte das Publikum das Schuldrama "Guten Morgen, Herr Grothe" (ARD/WDR) - die Geschichte eines Lehrers, der an seinem Engagement fast zerbricht. "Eine andere Liga" (ZDF/Arte) erzählt davon, wie sich die junge Deutschtürkin Hayat nach einer Brustkrebsoperation auf dem Fußballplatz wieder ins Leben spielt.

Wichtiger als manche Schulstunde

Für wegweisende Krimiserien - mal beklemmend, mal amüsant - hielt die Jury "KDD - Kriminaldauerdienst" (ZDF) und "Dr. Psycho" (ProSieben). In der Sparte Information & Kultur ging der Grimme-Preis unter anderem an die Dokumentationen "Unser täglich Brot" (ZDF/3sat/ORF) und "Das kurze Leben des José Antonio Gutiérrez" (ZDF/Arte).

Iris Berben ehrte der Deutsche Volkshochschul-Verband, der die Grimme-Preise seit 1964 Jahr für Jahr stiftet, an diesem Abend für ihre Verdienste um das Medium Fernsehen und ihren Einsatz gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus. "So was brauchen wir, das ist wichtiger als manche Schulstunde", sagte Verbandspräsidentin Rita Süssmuth.

"Das ist ein Ritterschlag", bedankte sich die 57-jährige Schauspielerin im schulterfreien schwarzen Top, die seit mehr als vier Jahrzehnten vor der Kamera steht. "Er tut mir gut, meinem Kopf, meiner Seele, meinem Herzen - es gibt, glaube ich, keinen Teil meines Körpers, dem dieser Preis heute nicht gut tut."

"Fabelhaft" fühlte sich auch Regisseur Dominik Graf, der bereits den siebten Grimme-Preis in Empfang nahm, dieses Mal für seinen Fernsehkrimi "Eine Stadt wird erpresst" (ZDF/Arte). "Sagt man, mein Gott, wieder einer?", fragte Moderator Moor. "Wieso das denn ...", gab Graf zurück. "Es geht einem bei jedem Grimme-Preis fabelhaft, ist doch klar."

Dass er wiederkommt, ist nicht ausgeschlossen - in rund 365 Tagen, wenn in Marl wieder der rote Teppich ausgerollt wird.

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