Filmpreis in der Krise:Golden Globes vor dem Aus

Filmpreis in der Krise: Als es noch Stars gab, die sich über einen Golden Globe gefreut haben: Nicole Kidman, Zoe Kravitz, Reese Witherspoon und Shailene Woodley (v.l.) posieren mit ihren Preisen (2018).

Als es noch Stars gab, die sich über einen Golden Globe gefreut haben: Nicole Kidman, Zoe Kravitz, Reese Witherspoon und Shailene Woodley (v.l.) posieren mit ihren Preisen (2018).

(Foto: Frederic J. Brown/AFP)

Die Verleihung der Filmpreise findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, Stars boykottieren die Veranstaltung.

Von David Steinitz

Die 79. Verleihung der Golden Globes dürfte die bislang trostloseste in der Geschichte des Filmpreises werden. Wie die Veranstalter mitteilten, werde "das diesjährige Event eine Privatveranstaltung". Die Gewinner sollen, wenig glamourös, schriftlich auf der Website bekannt gegeben werden.

Die Golden Globes waren einmal der zweitwichtigste Termin in Hollywoods Preisverleihungskalender nach den Oscars. In den vergangenen Jahren hatten sie durch den Siegeszug der Streamingplattformen den Oscars sogar einiges voraus, weil bei den Globes nicht nur Kinofilme, sondern auch Serien und Fernsehfilme prämiert werden. Außerdem mochten die Stars die Show gerne, weil sie weniger steif und förmlich ablief als die Oscars. Mit Drinks an den Tischen des Beverly Hilton Hotels und legendär frechen Moderationen unter anderem von Ricky Gervais oder Tina Fey und Amy Poehler.

Waren die Veranstalter bestechlich? Bezahlte Reisen und Geschenke sollen keine Seltenheit gewesen sein

Nach der letzten Verleihung im Januar 2021 geriet die Veranstaltung aber in die schlimmste Krise ihrer Geschichte. Die Golden Globes werden seit 1944 von der Hollywood Foreign Press Association (HFPA) vergeben. Das ist ein Verbund von Auslandsjournalisten, die in Hollywood arbeiten. Im Gegensatz zu den Oscars, wo jedes Jahr Tausende Mitglieder der amerikanischen Filmakademie über die Preisträger abstimmen, ist die HFPA immer ein sehr kleiner Kreis von zuletzt etwa 90 Journalisten gewesen. Schon länger war gemunkelt worden, dass die Mitglieder sich vielleicht nicht nachweislich bestechen, aber doch kräftig haben pampern lassen. Bezahlte Pressereisen an Filmsets, kleinere und größere Geschenke sollen keine Seltenheit gewesen sein. Nach mehreren Presseberichten zu diesen Praktiken geriet die HFPA in die Kritik. Auch mangelnde Diversität in der Zusammensetzung ihrer Mitglieder und mangelnde journalistische Standards wurden ihr vorgeworfen. Die Schauspielerin Scarlett Johansson sagte, auf den Pressekonferenzen der HFPA habe sie sich Fragen stellen lassen müssen, "die an sexuelle Belästigung grenzen". Stars und deren PR-Firmen kündigten an, die Show künftig zu boykottieren. Manche schickten sogar ihre Golden-Globe-Trophäen zurück, Tom Cruise zum Beispiel.

Der Sender NBC, der die Globes seit Jahren ausgestrahlt hat (und durch den Kauf der Ausstrahlungsrechte die wichtigste Geldquelle der HFPA war) kündigte daraufhin die Zusammenarbeit auf. Die HFPA übt sich seitdem in Aktionismus, hat ihre Verhaltensregeln überarbeitet und neue, diversere Mitglieder berufen.

Kurzfristig war vermutet worden, sie würde den Preis 2022 ausnahmsweise im Netz als Livestream übertragen und die Veranstaltung für ein großes Mea culpa nutzen. Eine Agentur wurde wie üblich beauftragt, potenzielle prominente Laudatoren anzuwerben, was früher nie ein Problem war. Aber weil sich laut mehreren Medienberichten keine Stars fanden, die den Preis verleihen oder entgegennehmen wollten, folgte nun die Ankündigung, die Veranstaltung im kleinen Kreis abzuhalten, die Gewinner schriftlich zu verkünden. Ob der Preis diese Glamour-Nullrunde überleben wird, ist fraglich.

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