Im abgedunkelten Konzertsaal von Schloss Elmau klingen Johann Sebastian Bachs legendäre Goldberg-Variationen - ein Zyklus aus 30 Variationen über eine "Aria" - wie aus sehr weiter Ferne, ein bisschen mystisch, zeitentrückt, unwirklich. Das liegt aber nicht nur an der Beleuchtung oder dem gewaltigen Wettersteinmassiv draußen vor den Fenstern, das jetzt im Dunkeln liegt und trotzdem spürbar bleibt, sondern auch daran, dass der isländische Pianist Víkingur Ólafsson jeden Ton dieser schier endlosen Variationsreihe eines Themas immer wieder neu formt, staunend nah dran und verwundert distanziert, alles gleichzeitig. Er nimmt den Hörer in seine eigene Welt mit, die ein großes Gemisch ist aus Realitätssinn und musikalischem Traum, der in der nächsten Variation schon zerfließen, sich in rasenden Läufen ins Irdische auflösen kann. Der Pianist liebt die Extreme, zerdehnt Tempi und komprimiert sie ebenso lustvoll wieder in der nächsten Variation.
Pianist Víkingur Ólafsson:88 Mal die Ewigkeit
Ein Mann und seine Wand: der Pianist Víkingur Ólafsson.
(Foto: Universal Music)Der isländische Pianist Víkingur Ólafsson spielt ein ganzes Jahr lang Johann Sebastian Bachs Goldberg-Variationen. Einmal rund um die Welt, in den berühmtesten Konzertsälen.
Von Helmut Mauró
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