Goethe-Gesellschaft:"Der Vorstand ist arisch zusammengesetzt"

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Eduard von Simson war der erste Präsident der Goethegesellschaft. 1935 fürchtete diese, ein Bild von ihm könne zum "Stein des Anstoßes" werden. (Foto: imago stock&people)

Wie Juden in der Gesellschaft nach 1933 preisgegeben wurden, zeigt eine Akte im Goethe-und Schiller-Archiv.

Von W. Daniel Wilson

Am 20./21. Juni 1885 wurde die Goethe-Gesellschaft in Weimar gegründet und stieg rasch zum bedeutendsten literarischen Verein Deutschlands auf, mit internationaler Ausstrahlung. Ihr erster Präsident war der bedeutende Politiker und Jurist Eduard von Simson, ein getaufter Jude. Als die Gesellschaft 1935 ihr erstes halbes Jahrhundert feierte, gab sie eine Vereinsgeschichte in Auftrag. Sie fiel kürzer als erwartet aus, und man überlegte, Bilder der Präsidenten einzufügen. Vizepräsident Anton Kippenberg, Gründer des Insel-Verlags, riet jedoch "dringend davon ab", da die Bebilderung "schon bei dem ersten Präsidenten ein Stein des Anstoßes sein würde." Auch bei der Jubiläumsveranstaltung, zu der Hitler und andere führende Figuren eingeladen wurden, machte man sich über ein jüdisches Gesicht Sorgen: Emanuel de Marnay Baruch sollte auf dem Podium über die American Goethe Society berichten. Als er kurz vorher starb, atmeten die Weimarer auf. Der Ortsausschussvorsitzende und ehemaliger Oberbürgermeister Martin Donndorf schreibt: "So bleibt uns die Physiognomie des im Uebrigen ganz Sympathischen und um unsere Sache verdienten Mannes erspart."

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