Süddeutsche Zeitung

GEZ und Rundfunkgebühren:Der große Frust

Die GEZ richtet einen Ombudsmann ein - aber vorerst nur für sich selbst. Dabei könnte ein externer Vermittler für die Beschwerden von Gebührenzahlern äußerst hilfreich sein.

Simon Feldmer

Mit 6220 Widerspruchsbescheiden mussten sich die Sachbearbeiter der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) im Jahr 2006 herumschlagen. In diesem Jahr könnte die Zahl höher ausfallen. Denn die neue Rundfunkgebühr für internetfähige Handys und Computer hat zu reichlich Ärger geführt.

Als Folge der "PC-Gebühr" machen vermehrt Unternehmen und Freiberufler Bekanntschaft mit dem Gebührenbeauftragtendienst, also mit dem manchmal etwas rabiaten Außendienst der Landesrundfunkanstalten. Deren Aufgabe: "Schwarzseher" überführen.

Die GEZ selbst will mit Mailings und Briefen eine Erhöhung der Ausschöpfungsquote im gewerblichen Bereich erzielen. Erst 30 Prozent der Firmen in Deutschland zahlen ihre Rundfunkgebühren, so GEZ-interne Berechnungen. Es wird weiter Ärger geben um das fragwürdige System des Gebühreneinzugs der Öffentlich-Rechtlichen und deren Vollstrecker.

Erst 2013 wird eine von den Ministerpräsidenten am Freitag beschlossene Reform des Gebühreneinzuges greifen. Bis Mitte 2008 sollen zwei Modelle entwickelt werden, die einerseits den Finanzbedarf decken - derzeit sind das sieben Milliarden Euro jährlich -, andererseits GEZ-Prüfungen überflüssig machen.

Das kann man kaum glauben, zumal der favorisierte Typ die Fortentwicklung des bestehenden Gebührenverfahrens ist. Wer heute einen Gebührenbescheid nicht akzeptiert, muss sich bisher in einen meist etwas unfreundlichen Briefverkehr mit GEZ-Sachbearbeitern stürzen, der sich über Monate hinziehen kann. Oder er erstattet Anzeige, wenn ein Gebührenbeauftragter an der Haustür zu aufdringlich wird.

Albtraum Briefverkehr

Der GEZ-Frust ist groß. Eine unabhängige Schiedsstelle, die sich der Beschwerden annähme, könnte Abhilfe schaffen. Entsprechende Modelle werden im Verwaltungsrat der GEZ, an deren Spitze der künftige NDR-Intendant Lutz Marmor steht, diskutiert. Konkrete Entscheidungen stehen noch aus. In anderen Bereichen ist durch die Einrichtung eines Ombudsmannes - kommt aus dem Schwedischen und heißt Vermittler - längst eine für Verbraucher hilfreiche Stelle geschaffen worden. Ombudsmänner arbeiten als externe Dritte, als Anti-Korruptionsbeauftragte oder als Vermittler zwischen Unternehmen und Kunden.

Der Ombudsmann der New York Times hat eine Kolumne, in der er die Zeitung hart kritisiert. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft arbeitet mit einem Ombudsmann Streitfälle auf. Der Bundesverband Verbraucher Initiative e.V. musste die von ihr geschaffene neutrale Schlichtungsstelle, die bei Problemen nach Online-Käufen helfen soll, in der vergangenen Woche wegen starker Nachfrage vorübergehend schließen. Das könnte auch passieren, würden sich die Landesrundfunkanstalten zu einer Schiedsstelle durchringen.

Zumindest den 1100 GEZ-Mitarbeitern und den GEZ-Dienstleistern (Call-Center, EDV-Firmen) wird nun geholfen: Auf Empfehlung von Wirtschaftsprüfern wurde am 1.Oktober mit dem Frankfurter Rechtsanwalt Rainer Buchert ein externer Ombudsmann installiert. Buchert soll bei Verdacht auf wirtschaftskriminelle Handlungen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. "Das ist gängige Praxis in vielen deutschen Unternehmen", sagt eine GEZ-Sprecherin.

Gängige Praxis sollte vor allem auch ein externer Ombudsmann für die Beschwerden der Gebührenzahler sein.

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SZ vom 20./21.10.2007
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