Gestern und heute:Männer aus Stahl

Die große britische Rockband "Status Quo" geht auf eine letzte elektrische Tour und sucht neue Wege

Von Stefan Sommer

Viele, die mit ihnen vor fast 50 Jahren den Rock erfanden, sind heute tot. Gerade das unbarmherzige Jahr 2016 hat wie eine Holzfälleraxt weite Lichtungen in den bedrohten Bestand der Lichtgestalten geschlagen. Bitterste, irdische Erkenntnis: Unsterblichkeit ist - für alle - schließlich doch eine Fiktion. Auch eine der erfolgreichsten britischen Bands, Status Quo, blieb von diesem Jahr nicht verschont. Der langjährige Gitarrist und Sänger Rick Parfitt erlitt im Juni 2016 einen Herzinfarkt und verließ die Band - eine Rückkehr ist noch offen. Bei der anstehenden "The Last Night Of The Electrics Tour" ersetzt ihn der junge Ire Richie Malone.

Mit mehr als acht Millionen verkauften Alben und mindestens einem Top 20-Hit in den britischen Single-Charts in jedem der letzten fünf Jahrzehnte, gehört die Gruppe um das Gründungsmitglied, den Sänger und Gitarristen Francis Rossi zu den populärsten Rockbands des Empires. In ihrer langen Karriere entwickelten sie sich von einer klassischen Beat-Band im Stile der Kinks zu den Stadionrockern von "Rockin' All Over The World." Nach nun mehr als 6000 Konzerten gehen die zähen Männer im Winter mit ihrem Markenzeichen, den elektrischen Telecaster-Gitarren, auf eine letzte Tournee. Danach wollen sie nur noch mit akustischen Gitarren auf der Bühne stehen. Für die Band sei es das Ende einer Ära, sagt Francis Rossi mit melodramatischer Telenovela-Geste aus seinem schwarzen Ledersessel in einem Hinterzimmer des Hard Rock Cafés.

STATUS QUO British Rock Group Left to Right: RICK PARFITT; JOHN COGHLAN...

Status Quo 1970 mit Rick Parfitt, John Coghlan, Alan Lancaster, Roy Lynes und Francis Rossi (v.l.).

(Foto: Picture-Alliance)

Und mit hoher Stimme rentnert er lustig weiter: "Haben Sie mal mein Gesicht gesehen? Meine Hände? Rock 'n'Roll ist harte Arbeit." Er kommt näher an den massiven Holztisch, macht eine dramaturgisch geschickte Pause und wird ernster: "Wir mussten da mal einen Strich unter dieses Kapitel machen." Rock'n'Roll ist, da kann Rossi wohl kaum jemand etwas vormachen, nicht direkt ein Wellness-Programm für den Körper. Selbst wenn man nicht wie Pete Doherty, Jim Morrison oder andere bekannte Vertreter der rauschmittel-befürwortenden Garde, angehört, wie es den Rock-Saubermännern von Status Quo noch heute nachgesagt wird. Die vielen Konzerte, Touren und langen Reisen seien ein einziger langer Marathon, zieht Rossi gespielt-erschöpft Bilanz. Er weiß, wovon er spricht: Der Mythos besagt, dass Status Quo fast sieben Millionen Kilometer in Flugzeugen, Bussen und in frühen Bandzeiten wohl auf Pkw-Rückbänken unterwegs gewesen sein sollen.

In den vergangenen Jahren habe er lernen müssen, dass das Leben auf Tour Selbstdisziplin erfordere: "Auch wenn Herz und Kopf noch immer wollen, die Jahre haben Kraft gekostet. Um richtige Musik zu machen und den Leuten etwas zu geben, muss man den ganzen Körper einsetzten." In Hinsicht auf ihre letzte elektrische Tour wird er noch deutlicher: "Entweder man gibt alles und wirft seinen ganzen Körper in die Waagschale, wie wir das fast fünf Jahrzehnte gemacht haben, oder man es lässt es ganz." Rossi lehnt sich in seinen Sessel und kommt mit einer sanften Bewegungen an den Tisch zurück: "Ich werde das natürlich alles vermissen", sagt er mild und seufzt.

Status Quo

Die aktuelle Mannschaft mit John Edwards, Andrew Bown, Francis Rossi, Richie Malone und Leon Cave (v. l.).

(Foto: Photoshot/Ross Woodhall)

Draußen vor der Tür jubeln und grölen schon die ersten Fans des FC Bayern München, die sich für das Champions-League-Spiel am Abend einige Stunden früher hier für ein paar schnelle Biere eingefunden haben. Die Tür geht auf und ein Schwall der Vorfreude dringt herein. Mit einer düsteren So-ist-das-Leben-Handbewegung spricht Francis Rossi: "Viele meiner Freunde sind gestorben. Ich bin statistisch schlicht im besten Alter, um zu sterben." Er sammelt sich. Und fängt an laut zu lachen. "Wir wollten doch kürzer treten. Jetzt habe ich aber zwei neue Alben, die im April erscheinen sollen." Er schüttelt den Kopf und feixt: "Ich kann das einfach nicht lassen. Was tue ich denn da nur?"

Status Quo, Mittwoch, 30. November, 19 Uhr, Olympiahalle, Special Guest: Uriah Heep

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