Siemens-Musikpreis:Magier der Rätsel

Siemens-Musikpreis: Der Komponist und Dirigent George Benjamin wurde 1960 in London geboren.

Der Komponist und Dirigent George Benjamin wurde 1960 in London geboren.

(Foto: Boris Horvat/AFP)

Der Komponist und Dirigent George Benjamin erhält den Siemens-Musikpreis 2023.

Von Reinhard Brembeck

Der seit 1974 jährlich verliehene Siemens-Musikpreis ist der nobelste aller Musikpreise, ein Interpret oder Komponist wird ausgezeichnet, in der Regel sind es Männer, dann gibt es noch Förderpreise, zudem wird eine Reihe von Projekten unterstützt. Dieses Jahr stehen dafür 3,7 Millionen Euro zur Verfügung, und der Hauptpreis geht, mal wieder, an einen Mann, an George Benjamin, der Komponist und Dirigent in Personalunion ist.

Benjamin, 1960 in London geboren, ist in Musikerkreisen berühmt, aber darüber hinaus kennt ihn kaum jemand. Dabei wurde seine letzte Oper, "Lessons in Love and Violence" ist eine Macht- und Liebes- und Sadismusstudie, nicht nur in London (Benjamin dirigierte die Uraufführung), sondern danach auch in Amsterdam, Hamburg, Lyon, Chicago und Madrid gezeigt. Auch die beiden Vorgängerstücke "Written on Skin" und "Into the Little Hill" waren große Erfolge, gerade auch beim Publikum. Dabei ist George Benjamin ein mit allen Wassern gewaschener und genau reflektierender Avantgardist, der aber als Komponist wie als Dirigent immer die Balance zu finden weiß zwischen Klangkonstruktion und überbordender Sinnlichkeit. Benjamin liebt die Klarheit, er schreibt immer kurz und präzise (die "Lessons"-Oper dauert nur 90 Minuten), klangfarbenreich und die Fantasie anregend. Und obwohl seine Klänge immer eine rätselhafte Aureole umgibt, setzt er vor allem auf die Durchsichtigkeit seiner Klangerfindungen, er hält sich an narrative Stücke, die andere Avantgardisten als überlebt ablehnen, und schreibt Melodien, auch das war für etliche seiner Kollegen lange Zeit ein Tabu.

Zu komponieren hat Benjamin als Zweijähriger begonnen, er dachte sich Lieder aus, gern bevor er ins Bett musste, an das Aufschreiben der Musik war damals noch nicht zu denken. Ein paar Jahre später sah er dann "Fantasia" von Walt Disney. Danach warf er seine Popmusikplatten in den Müll und machte Komponieren zu seinem Lebensinhalt. Beethovens Sinfonien waren lange Zeit sein Fixstern. Jedes Stück bei Benjamin ist völlig anders gebaut, seine Werkliste ist nicht besonders lang. In "Dream of a Song" hat er Texte jüdischer Dichter vertont, seine Mutter stammt aus einer Familie sephardischer Juden. Er hat dabei auch Texte aus dem "Diwan des Tamarit" vertont, in dem sich der Dichter Federico García Lorca zu seinem Schwulsein bekennt.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusKlassik
:"Bei Mozart braucht es Beweglichkeit"

Lisette Oropesa wollte eigentlich gar nicht Opernsängerin werden, doch heute wird sie an allen großen Häusern der Welt bejubelt. Warum sie keine andere Wahl hatte, als berühmt zu werden.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: