Gehört, gesehen, zitiert:Im Lügen-Tief

Donald Trump fälscht den Wetterbericht mit einem Filzstift und macht der Nation weis, Hurrikan "Dorian" sei auf dem Weg nach Alabama.

Von Alex Rühle

Jeder weiß, dass Donald Trump wenig Ahnung von nichts hat. Als er also am Wochenende über Dorian sagte, er habe noch nie von einem Hurrikan der Stärke 5 gehört, obwohl es allein in seiner Amtszeit bereits drei solche Wirbelstürme gab, wunderte sich niemand. Man weiß auch, dass Trumps Gerede kaum je die Realität abbildet, die meisten seiner Sätze sind Gebilde, die wie Wolken dahintreiben, haltlos, weit von der Wirklichkeit hier unten entfernt, grotesk verzerrte Schatten auf die Welt werfend. Kurzum: Man ist das Dauertief aus Lügen und Nonsens ja längst gewöhnt. Aber dann gibt es doch immer wieder Überraschungen und neue Variationen.

Am Mittwoch hielt er eine offizielle Karte des NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration Service) in die Kameras, die den voraussichtlichen Verlauf des Hurrikans Dorian zeigt. Nur dass diese Karte gefälscht worden war. Und das nicht gekonnt, sondern mit einem Filzer. Der weiß schraffierte Möglichkeitskorridor ist in schwarzer Farbe erweitert worden, sodass eine zittrige Beule bis in den Bundesstaat Alabama hineinragt. Trump hatte zuvor getwittert, dass Alabama auf Dorians Weg liege. Die nationale Wetterbehörde hatte das per Tweet umgehend korrigiert, Alabama werde keinerlei Auswirkungen zu spüren bekommen. Hier kam nun also der Beweis, dass Trump wie immer recht hat.

Auf den nördlichen Bahamas gibt es viele Tote, alles scheint dort zerstört, an der Ostküste der USA sind viele Menschen zu Recht in Angst. Umso wichtiger, in solch einem Moment richtige Voraussagen zu treffen. Was aber macht der Präsident? Er malt sich die Welt, wie sie ihm gefällt. Nicht mal raffiniert, sondern wie ein Dreijähriger mit einem schwarzen Stift. Ob er diesen Krakel nun selbst gemalt hat, wie Bloomberg.com behauptet, oder ihn von einem seiner Untergebenen hat hineinzeichnen lassen (CNN), ist ziemlich irrelevant.

Es gibt ein amerikanisches Gesetz, das besagt: "Wer gefälschte Wettervorhersagen publiziert oder sich bei falschen Wettervorhersagen auf die nationale Wetterbehörde beruft, wird zu einer Geldstrafe und/oder einer Haftstrafe von bis zu 90 Tagen verurteilt." Es gibt dieses Gesetz wirklich (18 U.S. Code §2074). Aber es wird natürlich nichts geschehen, der Trumpsche Dauerhurrikan ist ja auch längst weitergezogen. Jetzt geht es wieder um angebliche Anrufe chinesischer Delegierter, die mit ihm dringend über neue Handelsbedingungen reden wollen, aber in Wahrheit nie angerufen haben. Was Dorian und seine Alabama-Lügen angeht, so schrieb Trump auf Twitter, er nehme die Entschuldigungen der Fake News gerne an.

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