Süddeutsche Zeitung

Gehört, gelesen, zitiert:Schwindeln

Das aktuelle "Kursbuch" beschäftigt sich mit Lügen. Ein Soziologe erläutert, wann Kinder zum ersten Mal den Unterschied zwischen Sagen und Meinen erleben: Wenn sie in der Schule oder Kita Erfahrungen machen, die sie geheim halten können.

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Kursbuch, die sich unter dem Titel "Lauter Lügen" mit der aktuellen Diskussion um das "Postfaktische" und das vermeintliche "Ende der Wahrheit" beschäftigt, schreibt der Bielefelder Soziologe André Kieserling zur Frage, wann Kinder zum ersten Mal den Unterschied zwischen Sagen und Meinen erleben:

"Sie merken es in dem Augenblick, in dem sie (...) in der Schule oder vielleicht schon in der Kita Erfahrungen machen, von denen sie wissen, dass sie geheim gehalten oder auf Nachfrage unzutreffend präsentiert werden können. Das ist der eigentliche Sozialisationswert der Tatsache, dass das Kind nicht mehr in der Familie lebt wie in einer totalen Organisation. Wir erziehen unsere Kinder natürlich dahin, dass sie zutreffende Antworten geben, aber sozialisiert wird man zum Schwindeln, und am Ende muss man natürlich beides können, und der Lernkontext fürs Schwindeln ist eben einfach die Doppelmitgliedschaft in zwei verschiedenen, mehr oder minder getrennten sozialen Kontexten."

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Quelle:
SZ vom 23.05.2017 / SZ
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