Gehört, gelesen, zitiert:Nekropolitik

Der Kapitalismus ist voller Irrtümer. Einer ist, dass man Klimakatastrophe, globale Geldflüsse und Flüchtlingskrise voneinander trennen könne.

Zu den verheerendsten, ja inhumansten Selbsttäuschungen (Verlogenheiten?) des späten Kapitalismus zählt der Irrglaube, dass man Klimakatastrophe, globale Geldflüsse und Flüchtlingskrisen unabhängig voneinander denken könne. Denn jedes Eingeständnis von Zusammenhang müsste hier sofort zu einem völlig anderen Handeln führen. Die Online-Publikation "The Intercept" hat in einem Essay deutliche Worte für unsere fatalen blinden Flecke gefunden.

"Die Befürworter von Migrations-Abschreckung erkennen zwar an, dass wohl niemand seine Kinder in ein Boot setzt, wenn ihm das Wasser nicht sicherer als das Land erscheint; diese Befürworter haben sich aber entschieden, das Wasser für Migranten so gefährlich wie das Land zu machen. Die gegenwärtige Flüchtlingspolitik der USA und der EU muss als nekropolitisch bezeichnet werden, sie lautet: Riskiere dein Leben, indem du in deinem von Klimakatastrophe und Krieg verwüsteten Land bleibst, oder riskiere es, indem du in ein vermeintlich sichereres Land fliehst. Es gibt keine Option, die nichts mit Tod zu tun hat. Doch die Weigerung, unsere Grenzen zu öffnen oder wenigstens durchlässiger zu machen, wird ein Pulverfass künftiger Konflikte und Völkermorde erzeugen."

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