Süddeutsche Zeitung

Gehört, gelesen, zitiert:Herrlicher Büchner

Was Rainald Goetz 1998 zu Georg Büchner zu sagen hatte, dessen Preis er jetzt bekommt.

Der wichtigste deutsche Literaturpreis geht in diesem Jahr an den Schriftsteller Rainald Goetz. Selten ist ein Georg-BüchnerPreisträger in den vergangenen Jahren einhelliger gefeiert worden. Aber was sagt Goetz eigentlich selbst dazu? Klugerweise bislang natürlich nichts. In seinem 1999 erschienenen Buch "Abfall für alle" allerdings hat er schon mal alles dazu gesagt, in der Notiz vom 20.10.98, 11.57 Uhr:

"Gefeiert: Elfriede Jelinek. So die Bildunterschrift in der Frankfurter Rundschau. Ich las die verschiedenen Berichte von der Büchner-Preis-Verleihung. Frau Jelinek hat behauptet, Büchner wäre unerreichbar. Stimmt doch gar nicht. Büchner ist herrlich, gerade wenn man jung ist, und extrem erreichbar. Sofort ist er Bruder, ganz nah. Er schickt einen los, wie andere junge, speziell kaputte Schreiber auch. Und man selber denkt: ich auch, so ist das Gefühl, so mache ich es auch. Und genau so macht man es dann. Die Maßlosigkeit der frühen Ambitionen ist offen. heiter, oft grotesk überzogen, und doch frei von Selbstüberschätzung. Weil sie so rücksichtslos ist, fast ohne Blick für das Gegebene der Möglichkeiten, fürs Material und die Basis, den eigenen Ausgangspunkt und seine Begrenztheit. Später ist so was Debilität. Aber sich daran nicht erinnern zu können, als Erwachsener, wie sehr so etwas jetzt vielleicht Falsches damals richtig war, ist genauso falsch."

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Quelle:
SZ vom 17.07.2015
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