Gehört - gelesen - zitiert:Arme Allegrina

"Was macht mein Geliebter Papa?" - Im August 1821 schrieb Allegra, die uneheliche Tochter von Lord Byron, einen Brief an ihren Vater. Sie war damals vier Jahre alt, Lord Byron hatte sie abgeschoben in ein Kapuzinerkonvent.

Der spätromantische Dichter Lord Byron (1788-1824), der Europa für den Kampf zur Befreiung Griechenlands entflammte, hatte eine seiner vielen Affären mit Claire Clairmont, der Stiefschwester von Mary Shelley (der Autorin des "Frankenstein"). Daraus ging eine uneheliche Tochter hervor, die zuerst Alba, dann Allegra genannt wurde. Der Vater schob die Verantwortung für sein Kind von sich, bis er sie in einem Kapuzinerkonvent in Bagnocavallo unterbrachte, in der Nähe von Ravenna.

In einer schönen Sommer-Radioreportage für die BBC hat jetzt der englische Schriftsteller Michael Symmons Roberts den Ort in Italien besucht, wo Allegra Byron von katholischen Nonnen streng erzogen wurde. Erwähnt wird da ein herzzerreißender Brief, den sie an ihren Vater schickte und der auf der Website der Bodleian Library Oxford im Faksimile eingesehen werden kann. Begleitet von einem Schreiben der Nonnen, das Lord Byron zu einem Besuch bei seiner Tochter auffordert, schrieb das Mädchen im August 1821, im Alter von vier Jahren - wohl nicht ohne Assistenz der Vormünder, aber eindeutig in eigener, sicherer Handschrift - an den Vater in italienischer Sprache:

"Was macht mein Geliebter Papa? Mir geht es so gut, und ich bin so glücklich, dass ich nicht anders kann, als meinem immer Lieben Papa zu danken, der mir so viel Glück bringt und um dessen Segen ich ihn inständig bitte. Seine kleine Allegrina grüßt ihn von Herzen."

Doch der Papa kam nie zu Besuch. Kurz danach, 1822, starb Allegra im Alter von fünf Jahren in dem Konvent, an Typhus oder Malaria. Die Familie seines romantischen Dichterkollegen Shelley machte Lord Byron schwere Vorwürfe; und das schlechte Gewissen muss sehr an ihm genagt haben, denn in einem Brief an Marguerite Blessington schrieb er ein paar Monate später:

"Als sie lebte, schien ihre Existenz nicht notwendig für mein Glück zu sein; aber sobald ich sie verlor, hatte ich das Gefühl, nicht ohne sie leben zu können."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: