Gegenwartsliteratur:Schwarze Spiegel

In essayistischen Erzählungen erkundet Philipp Schönthaler eine Gesellschaft zwischen Digitalisierung und Selbstoptimierung.

Von Hans-Peter Kunisch

Kuriose Produkte bestimmen eine Gegenwart, die wie gemacht zu sein scheint für Dinkel-Karotten-Fenchel-Muffins. Optimierung, Differenzierung sind die wichtigsten Prinzipien. Was da ist, soll besser werden oder auch nur so erscheinen, feinste Nuancen der Käufer-Geschmacksnerven ansprechen. Seit es - nur für wenige Tage! - in Billig-Discountern Ingwer-Schnittlauch-Brie oder Wein mit rauchiger Vanille zu kaufen gibt, ahnt wohl jeder, dass er so weit kommen sollte, das zu mögen. Waren werden zu Ideenspendern. So ein Wein oder Muffin wollen wir selber werden: unglaublich individuell und doch nahe am Zielpublikum. Es geht ja nicht ums Maximum. Das ist unerreichbar. Aber warum soll es nicht gut sein, wenn wir irgendwann verstehen, wie wir wirken müssen, um zum Konsum einzuladen? Das Problem der (Selbst-)Optimierung ist allenfalls, dass dauernde Korrekturarbeiten notwendig sind, alles immer richtiger wird, aber nichts mehr richtig ist.

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