Geburtstag:Ennio Morricone

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Ennio Morricone. (Foto: Paul Bergen/dpa)

Von Helmut Mauró

Lange hat er warten müssen, bis man ihn eines Oscars für würdig hielt. Fünfmal war er nominiert, immerhin, bis es 2007 endlich klappte. Ennio Morricone ist einer der erfolgreichsten Filmkomponisten aller Zeiten. Das war er schon vor dem Oscar, und das ist er noch heute, elf Jahre danach. An diesem Samstag wird er 90 Jahre alt. Dass er noch immer Pläne hat, verwundert nicht. Zumindest eine Abschiedstournee will er noch dirigieren, mit den größten Filmhits und symphonischen Kompositionen. Er hat ja einst ganz solide klassische Komposition studiert - bei Goffredo Petrassi, einem der prominenteren italienischen Neutöner. Auf seinen Sohn Andrea ist Morricone auch deshalb stolz, weil dieser ein richtiger klassischer Komponist geworden ist. Dabei gehört gerade Ennio Morricone zu jenen Filmkomponisten, die das Genre aus der kunstästhetischen Schmuddelecke geholt haben und mit Fug und Recht behaupten können, dass auch sie Neue Musik geschrieben haben. Wenn auch auf althergebrachte Art. Die Musik bebildert hier, vor allem aber erzählt sie, löst Gefühle aus, hilft dem stummen Bilderreigen emotional auf die Beine. Zur Lebendigkeit, zur großen emotionalen Wirkung. Morricone hat das in Hunderten Filmen, vor allem in den unvergessenen Spaghetti-Western seines Freundes Sergio Leone zur Perfektion getrieben, hat den Zuschauern mit einer kindischen Mundharmonika-Melodie das Blut in den Adern gefrieren lassen. So liest man das immer in Westernromanen. Aber so richtig gespürt hat man das dann erst in Morricones "Spiel mir das Lied vom Tod", das Sergio Leone so gesehen kongenial verfilmt hat. Es ist die schiere Sentimentalität, die Morricone mit seiner Musik erzwingt. Es ist aber immer ein so unschuldig direktes, überwältigendes Gefühlsbekenntnis, dass man Mühe hat, sich der spontanen Ergriffenheit zu schämen. Besonders dann, wenn der Film ohnehin schon so emotionsgeladen ist wie "Cinema Paradiso", und so fern der klappernden Westernkomödien. Ein etwas tiefer gelegtes H-Dur führt den Jungen durch die Silvesternacht, in der er vor dem Haus seiner Angebeteten tausend Tode des Sehnens und Hoffens stirbt. Und die Musik sagt: Leben und Liebe, das muss das Gleiche sein.

© SZ vom 10.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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