Gasteig:Unverzichtbares Komplementär

Festkonzert für den ersten Paten: 30 Jahre Kulturkreis Gasteig

Von Klaus P. Richter

Man stelle sich vor, die Gasteig-Philharmonie würde "entkernt", wie es sich ein paar wahnwitzige Konzertsaal-Strategen ausgedacht haben. Wahrscheinlich müsste der OB die Umweltzone in Haidhausen aufheben. Denn die Feinstaubbelastung würde explodieren, die urbane Szene implodieren und viel Kultur kollabieren. Längst ist der Klinker-Palast über dem "gachen Steig" der Isar nämlich zu einem Lebenszentrum Münchner Metropolenkultur geworden. Daran hat auch das wechselnde Crescendo der Miesmacher und Kritiker nichts geändert. Als Domizil der Münchner Philharmoniker ist es natürlich Flaggschiff der Musikstadt München. Aber jeder weiß, dass dort zwischen Bibliothek, Musik- und Volkshochschule, Experimentierbühne und Filmfest ein vitales Kommunikationsforum pulsiert, das für einen weltläufigen Kulturbegriff steht. Genau dieses Format war einst auch Motto und Programm für den ersten Paten des Zentrums: den Kulturkreis Gasteig e. V. Wie bei vielen Kulturinstitutionen Münchens war es eine Initiative aus den Herzen und Geldbörsen der Bürger: auch die Philharmoniker wurden 1893 vom Fabrikantensohn Franz Kaim begründet. Was übrigens den Blick auf jene "Privaten" lenkt, die in der Konzertsaaldiskussion notorisch zu kurz kommen: die privaten Konzertveranstalter, die als unverzichtbares Komplementär zur staatlichen Subventionskultur und risikobereite Talentsucher fungieren. "Fördern statt fordern" fasst es auch Eckhard Klapp, der Vorsitzende und einer der Gründungsväter des Kulturkreises bündig zusammen. "Kultur ist Lebenselixier einer Gesellschaft", meint Heinz Lässig, auch einer der Gründerfiguren, die jetzt eine stolze Bilanz aus Talent- und Kulturförderung präsentieren. Denn jetzt feiert der Kulturkreis sein 30jähriges Jubiläum. Literatur, Theater, Musik, Film und Ausstellungen waren von Anfang an dabei. Stars wie Sloterdijk, Mosebach, Safranski, Adolf Muschg, Sten Nadolny und Michael Ende kamen zu Lesungen und Diskussionen. Reihen mit Manfred Osten reflektieren über "Fragen der Zeit", Richard Wagner und Goethe. Die "Winners & Masters"-Reihe entdeckte Pianisten wie Igor Levit, Amir Katz oder Herbert Schuch, aber auch Ensembles wie das Quatuor Ebéne und Apollon Musagète. Seit 1995 gibt es auch einen Förderpreis für Studenten der Musikhochschule. Auch im Jubiläumskonzert gibt es eine starke Prise polyglotter global-village-Kultur. Einmal mit dem Ensemble "Münchner Percussion und String Orchestra", gegründet vom Ägypter Adel Shalaby, der an der Musikhochschule lehrt. Dann aber vor allem im Programm. Unter dem Motto "Orient trifft Occident" konkurrieren ein chinesisches Percussion-Duell mit Marimbaphon-Spirituals, Saxophon-Ekstasen mit Trüffeln aus Wilfrid Hillers Schlagzeugkatalog. Die weißrussische Pianistin Olga Mishula wird am Simbal musizieren und der Ägypter Ahmed Mounib auf der Violine. An Ohrwürmern wird es nicht fehlen, vom morbiden Astor Piazzolla bis zum unsterblichen "Concierto de Aranjuez".

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