Gaming:Alan Butler

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Mit "Grand Theft Auto 5" bringt der irische Künstler Alan Butler eine neue Blickweise ins Videospiel: Hier werden obdachlose Menschen zu Statisten.

Von Philipp Bovermann

Das Faszinierende an dem Videospiel "Grand Theft Auto 5" ist die Stadt, in der es spielt. Viele Fans verbringen ihre Zeit dort lieber mit Streifzügen und Spazierfahrten, statt der Handlung zu folgen. So detailreich haben die Entwickler hier eine moderne Metropole nachgebaut. Seit der Veröffentlichung des Spiels vor drei Jahren entstanden Musikvideos und Kurzfilme auf den Straßen von Los Santos. Der irische Künstler Alan Butler hatte aber eine besonders interessante Idee. Er nutzt die Tatsache, dass die Spielfigur, die der User steuert, auch eine virtuelle Handykamera besitzt, mit der man Bilder machen kann. Mit dieser Kamera porträtiert er nun die Obdachlosen-Szene der Stadt.

Der Fotoessay "Down and Out in Los Santos" ist ein beunruhigendes Kompendium dieser computergenerierten Figuren, die auf die Handlung des Spiels keinerlei Einfluss nehmen, sondern lediglich als Hintergrundstaffage dienen, um die Verbrechensmetropole realistischer aussehen zu lassen. Ihre künstliche Intelligenz im Spiel ist minimal. Sie können ein paar Standardsätze sagen, zurückschlagen, wenn der Spieler ihnen einen Faustschlag versetzt, oder fliehen, wenn sie beschossen werden.

Durch sein Digitalprojekt spiegelt Butler die Stellung obdachloser Menschen in realen Großstädten, wo sie ebenfalls nicht "mitspielen" dürfen. Sie rücken in den Hintergrund und werden in der Wahrnehmung von uns Actionhelden des Alltags zum Teil des urbanen Mobiliars. In der virtuellen Spielwelt entstehen aber nicht die ethischen Probleme, die ansonsten das Fotografieren von Armut begleiten. Und Butler zeigt, "wie wir als Individuen innerhalb von Erfahrungen, die von großen Unternehmen geschaffen werden (in diesem Fall GTA 5), selbständig Kunst schaffen und existieren können", wie er dem Online-Magazin The Creators Project erklärte. Butler postet seine Fotos automatisch auf verschiedenen Plattformen und ordnet sie mittels entsprechender Hashtags in Netzwerke für Straßenfotografie und ethnografischer Fotografie ein. Dort stehen sie zwischen Aufnahmen von echten Straßen, wo die virtuellen Obdachlosen von Los Santos wie Gespenster wirken, an der Grenze zum Verschwinden.

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