Freie Theaterszene:Wuschelviecher

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Die Show "Mix Match" im Hofspielhaus

Von Egbert Tholl, München

Als Judith Huber ihren Sohn Joseph - der war damals neun Jahre alt - fragte, ob sie nicht seine Schulklasse einladen solle, meinte er nur, dann sei er nicht mehr ihr Sohn. Er brachte dann doch ein paar Kumpels mit. Und alle waren begeistert. Im Oktober vergangenen Jahres lud Huber zusammen mit Christoph Theussl und Charlotte Pfeifer zur "Katastrophalen Johanna", einer Theater-Roadshow an den Gestaden der Isar.

Judith Huber, ein Drittel des Performance-Trios Die Bairishe Geisha und mit dieser mehr als 15 Jahre hinweg eine der großartigsten Erscheinungen der Freien Szene Münchens, bis die städtische Förderung auf gänzlich unverständliche Weise wegen einer hanebüchenen Juryvolte ausblieb, kann auch Kindertheater. Um eines klar zu sagen, gleich vorneweg: "Da ist so viel von der Geisha drin, wie ich mitmache." Später macht sie dann etwas vor, im kleinen Probenraum über dem WerkX, und ja, es stimmt. Es ist schön. Huber spielt mit sich selbst Mix-Max, wie als Kind und nun mit ihren Kindern, dieses alte Kärtchenspiel, bei dem man Figuren dreiteilen und verschiedene Identitäten geben konnte, etwa unten Feen-Füßchen, Mitte Metzgerbauch, oben Anglerkopf. Sie ist Mix-Max, riesenlebensgroß.

Nun wirft sie sich in die logistische Herausforderung einer Kostümschlacht, schält sich aus vielen Kleidern in neue hinein, ist in dem kurzen Vorführmoment eine Prinzessin und ein wildes Wuschelviech. Dazu meint Peter Pichler: "Das Kuschelviech hat eine Sprache, und die spreche ich." Huber spricht nichts, singt ein bisschen, Pichler spielt Trautonium, Worte sind überflüssig in "Mix Match", das Huber und Pichler im Hofspielhaus an der Staatsoper zeigen, jeweils um 15 Uhr.

Huber spielt Verwandlung, und Pichler spielt ein Verwandlungsinstrument, ein Trautonium, in dessen Klang er sich vor vielen Jahren verliebte, mit dem er eigene Abende gestaltete und nun auch eine CD aufnahm. Die erscheint am 9. Februar, darauf ist Musik, die Harald Genzmer für das fiepende Gerät mit der teils avantgardistischen, teils zutiefst humanen Stimme komponierte. Das ist der Zukunftsklang einer verloren gegangenen Moderne. Und nun ist frappierend zu erleben, in dem kleinen Moment der Probe, wie sich Klang und Mensch zusammenfinden in einem schwerelosen Tanz, in einer hingetupften Zauberei, die vor allem von einem kündet: vom Dazwischen. "Wir machen kein Kasperltheater, wir sind nicht pädagogisch; aber wir wollen Kinder anregen zum Spielen, zum Ausprobieren. Das lieben die eh."

Das Stück ist eine Choreografie "mit viel Graffel" (Huber), von außen kontrolliert von Charlotte Pfeifer - "ich seh's ja nicht, ich steck' ja drin". Jeder Abend ist sehr live, Pichler reagiert auf das, was Huber macht, begleitet, kommentiert, baut mit Echoschleifen Klanggebäude, in denen sich gut leben lässt.

Mix Match , Do., 26., bis So., 29. Januar, jeweils 15 Uhr, Hofspielhaus, Falkenturmstraße 8

© SZ vom 25.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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