Fotoserie:Die Gläubigen (28)

Freitagsgebet
(Foto: Martin Schoeller)

Unsere Porträts von Gläubigen in New York - heute geht es um eine Katholikin mit mexikanischen Wurzeln, die bei Bedarf zu La Santa Muerte betet: zur heiligen Frau Tod.

Von Martin Schoeller

New York ist der Ort mit der größten Zahl unterschiedlicher Glaubensgemeinschaften. Der Fotograf Martin Schoeller porträtiert in seiner Kolumne jeden Freitag einen gläubigen Menschen aus dieser Stadt.

Guadalupe Lopez. La Santa Muerte. Ich habe Santa Muerte, die "Heilige Frau Tod", das erste Mal auf dem Altar meines Bruders in New Jersey gesehen. Ich hatte Respekt vor diesem Bild des heiligen Todes. Dann erwählte sie mich in einem Traum aus. Sie wird seit dreitausend Jahren in Mexiko verehrt, sie war die Göttin des Todes bei den Azteken. Die katholische Kirche erkennt sie nicht als Heilige an. Dagegen hat es in Mexiko schon Proteste gegeben. Halb Mexiko glaubt an sie. Ich bin zwar Katholikin - meine Eltern nahmen mich sonntags immer mit zur Messe -, aber ich glaube gleichzeitig an Santa Muerte. Wir verehren sie wie andere Heilige und die Gottesmutter Maria durch Gebete und Rosenkränze. Es gibt Bücher über sie. Sie sagt, dass wir geboren wurden, um zu sterben. Bevor sie der heilige Tod wurde, war sie der Engel des Todes, den Gott schuf. Ich glaube nur an einen Gott, verehre aber Santa Muerte und auch die anderen Heiligen. Sie lässt mich die schlechten Momente überwinden und macht mich stärker. Als ich arbeitslos war, betete ich - und sie half mir. Sie hilft aber nur Menschen, die aus der Tiefe ihres Herzens um Hilfe bitten. Viele Menschen lassen sich ein Bild von ihr tätowieren, wenn ihnen geholfen wurde. Es ist ein Zeichen des Zurückgebens. Ich habe drei Tattoos von Santa Muerte. Meine Kinder sind Christen, aber ich werde sie nicht zwingen, an Santa Muerte zu glauben. Das wird ihre eigene Wahl sein.

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