Fotoprojekt von Kicia Randagia:Land oder Stadt?

Wo ist das Leben eigentlich schöner? Die Fotografin Kicia Randagia beantwortet die Frage, angenehm klischeefrei, mit Bildern ihrer Tochter - in der freien Natur Polens und in ähnlichen Situationen in Rom.

Von Carolin Gasteiger

9 Bilder

Kicia Randagia

Quelle: Kicia Randagia, Polen, ZEISS Photography Award 2018

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Mal liegt Siria auf dem Rücken eines Pferdes, mal auf der Bank einer Bushaltestelle in Rom. Links in der Natur in Polen, rechts in der Urbanität der italienischen Hauptstadt. Wohl fühle sie sich in beiden Umgebungen, sagt ihre Mutter Kicia Randagia. Für ihre Bilderserie wurde die polnische Fotografin für den Zeiss Photography Award nominiert.

Kicia Randagia

Quelle: Kicia Randagia, Polen, ZEISS Photography Award 2018

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Randagia und ihre Tochter leben die meiste Zeit des Jahres in Rom, in einer Großstadt also, wo alles technologisiert und durchgetaktet ist. Aber ein paar Monate im Jahr verbringt die Familie in einem entlegenen Dorf in Polen, fern von Fortschritt und Digitalisierung. Zwei Welten also - jede für sich allerdings aufregend und schön.

Kicia Randagia

Quelle: Kicia Randagia, Polen, ZEISS Photography Award 2018

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Als ihrer Mutter auffiel, wie leicht und mühelos Siria sich zwischen diesen Welten bewegt und sich in beiden zuhause fühlt, kam Randagia die Idee zu einer eigenen Fotoserie. "Scelte" (auf Deutsch in etwa: "Auswahl") zeigt das Mädchen in schwarz-weißen Doppelporträts.

Kicia Randagia

Quelle: Kicia Randagia, Polen, ZEISS Photography Award 2018

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Manchmal bilden die Porträts einen harschen Kontrast. Wenn Siria etwa in Polen die Pferde hinterm Koppelzaun streichelt - und in Rom vor ausgestopften Tieren im Museum steht. Und genau dieses Nebeneinander von Gegensätzlichem, das aber nie ein Urteil fällt, macht den Reiz von Randagias Bilderserie aus.

Kicia Randagia

Quelle: Kicia Randagia, Polen, ZEISS Photography Award 2018

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In Sirias Gesicht zeichnet sich Unbeschwertheit ab, als würde sie den Betrachter fragen, was denn so außergewöhnlich daran sei, eine Maus mal in freier Natur und mal als Comicvariante auf dem Handy zu erleben. Fragt man Kicia Randagia, ob sie es als Belastung empfinde, dass ihre Tochter zwischen zwei Welten pendelt, sagt die Fotografin: "Wir halten es eindeutig für ein Privileg, hilft es ihr doch, mit einem erweiterten Horizont aufzuwachsen und toleranter zu werden."

Kicia Randagia

Quelle: Kicia Randagia, Polen, ZEISS Photography Award 2018

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Auf diese Weise liefert Randagia auch einen menschennahen und vor allem unverkrampften Beitrag zu aktuellen Diskussionen, in denen etwa vehement die Heimat verteidigt wird. Angesichts der Aufnahmen der kleinen Siria wird dieses Narrativ relativiert. Warum sollte ein Parkplatz für ein kleines Mädchen schlimmer sein als ein Weizenfeld? Ihre Serie hat die Fotografin nicht von ungefähr mit "Scelte" betitelt.

Kicia Randagia

Quelle: Kicia Randagia, Polen, ZEISS Photography Award 2018

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Ebenso bewusst entschied Randagia sich dazu, die Porträts ihrer Tochter in Schwarz-Weiß aufzubereiten. Weil beide Welten für Siria gleichbedeutend sind. Weil das Mädchen eben keine Wahl trifft, sondern beide Welten für sich beansprucht. Zu gleichen Teilen. Farben hätten davon nur abgelenkt, so Randagia.

Kicia Randagia

Quelle: Kicia Randagia, Polen, ZEISS Photography Award 2018

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Je genauer man die Porträts betrachtet, desto mehr überträgt sich Sirias Unbekümmertheit auf den Betrachter. Sie habe realisiert, dass ihre Tochter überall glücklich werden könne. Aber sie sei auch sehr gespannt, so Randagia, für welche Welt Siria sich entscheiden wird, wenn sie erwachsen ist.

Kicia Randagia

Quelle: Kicia Randagia, Polen, ZEISS Photography Award 2018

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In der direkten Nebeneinanderstellung verdeutlicht Randagia genau das: wie man sich in zwei Welten zuhause fühlen kann. Und dass Siria, die sowohl Italienisch als auch Polnisch spricht, diese beiden Realitäten anerkennt und als ihr doppeltes Leben liebt.

© SZ.de/biaz/sks
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