Süddeutsche Zeitung

Fotoprojekt: "Rebels Without a Pause":Rock 'n' Roller und Rebellen

Fotograf Muir Vidler liebt ungewöhnliche Menschen. Für seine Serie "Rebels Without a Pause" fotografierte er diejenigen, die sich auch im Alter nicht anpassen wollen.

Von Klara Fröhlich

Sein Oberkörper ist mit farbenfrohen Tattoos bedeckt, das Longboard drückt er fest an die Brust: Wie Anfang 60 sieht Adrian Delgoffe nicht aus. Fotograf Muir Vidler lernte ihn im Lederoutfit und mit Ketten tanzend in einem Londoner Nachtclub kennen. Zu der Begegnung sagt er: "Ich fand das cool, dass Adrian nicht zu Hause im Sessel mit Kekskrümeln bedeckt fernsieht." Vidler war so fasziniert, dass er eine ganze Serie über alternde Rebellen wie Delgoffe machen wollte.

Rock 'n' Roll tanzen kann Peggy Warner heute wegen ihrer Rückenschmerzen nicht mehr. Ihre Liebe zur Musikrichtung zeigt sie aber noch genauso wie vor 40 Jahren. So lange sind Peggy und Mick schon Fans. Tattoos und Biker-Westen bestätigen das.

Früher war Danny Lynch Zirkusartist. Man nannte ihn nach dem Vulkan Stromboli: "The Great Stromboli". Den erweckt Danny, der eigentlich im Ruhestand ist, so manches Mal zum Leben. Bevor Vidler auf den Ablöser drückte, fragte Dannys Frau klassisch englisch: "Cup of tea, darling?". Dann flüchtete sie ins Hausinnere und setzte den Wasserkessel auf.

Laut Guinness Buch der Rekorde ist Isobel Varlay die meist tätowierte Seniorin der Welt. Man sieht kaum noch ihre normale Hautfarbe. Vidler gelingt es, seine Models in einem positiven oder entspannten Moment abzulichten und schafft es so, das Alltägliche im Außergewöhnlichen einzufangen. Aufwändig inszenieren will er seine Porträts nicht: "Wenn ich jemanden mit Charakter und Charisma finde, reicht es meist, die Person von vorne zu fotografieren."

"Legalisiere dich selbst", fordert Ruairidh Clarke auf seinem Pappschild in der Londoner Innenstadt. Vom Alter will auch Clarke sich nichts vorschreiben lassen. Auch nicht ob er angezogen oder nackt sein darf. Ob nun nackt wie Clarke ...

... oder ganz ins Lederkostüm gehüllt wie Sid Ellis, Vidler konzentriert sich auf die Menschen, die noch im Alter anders sind.

John G. Byrne wurde im Alter von 13 Jahren zum Skinhead. Entstanden war die eher links orientierte Bewegung in den 1960ern in den Arbeitervierteln Großbritanniens. Als einer der ersten in der Szene outete er sich zudem als schwul und ist dafür ziemlich bekannt.

Auf Frankie 'Knuckles' Lacy wurde Vidler aufmerksam, als er die Band "The Comets" auf einer Tour fotografierte. Seit 1958 fühlt sich Frankie dem Rock 'n' Roll verbunden. Er ist mit seinen Idolen gealtert und begleitete die "Comets" als Roadie auf Tour.

Diese beiden "Rebellen", die Vidler Arm in Arm am Strand von Brighton fotografierte, kennen sich gar nicht. Ray Cooke in grüner Jacke mit kariertem Jackett ist ein sogenannter "Mod", abgeleitet vom englischen Wort "Modernist", eine Subkultur aus Großbritanniens 50er Jahren. Mods distanzieren sich eigentlich von Rockern wie Steve einer ist.

"Alle paar Jahre sagen die Leute, Mods kommen wieder in Mode. Uns interessiert das nicht. Wir waren niemals weg!", sagt Steve 'Bell Boy' Bell aus dem Verein The Odd Mod Squad. Am liebsten würde man die von Muir Vidler porträtierten Rebellen gerne selber kennenlernen. Denn eines sind sie alle: wirklich cool.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2571599
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.