Fotokunst-Ausstellung in Leipzig:Das andere Gesicht der DDR

Überall Trabis und Helden der Arbeit? Eine Leipziger Ausstellung mit Fotos der Künstlerin Gundula Schulze Eldowy zeigt das Elend hinter dem offiziellen Bild des Staates.

Von Kathleen Hildebrand

10 Bilder

Gundula Schulze Eldowy

Quelle: Gundula Schulze Eldowy

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Berlin, 1987

Eigensinnige, zwischenmenschliche Momente statt Erster-Mai-Märsche, privater Rückzug statt Helden der Arbeit im Kombinat: Gundula Schulze Eldowy zeigt in ihren Bildern eine andere DDR als die der Staatspropaganda. Von 1972 an lebte die 1954 in Erfurt geborene Künstlerin in Ost-Berlin - unterbrochen nur von ihrem Fotografiestudium in Leipzig. Ihre Motive fand sie vor allem im Berliner Scheunenviertel. Und in Prenzlauer Berg, das damals noch das Gegenteil der Besserverdienenden-Gegend von heute war.

Berlin, 1987 Gundula Schulze Eldowy

Gundula Schulze Eldowy

Quelle: Gundula Schulze Eldowy

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Briefträgerin, Berlin, 1982

Sie fotografierte die Menschen in ihrem Ost-Berliner Kiez jenseits propagandistischer Schönfärberei. Ihre Bilder zeigen, dass es auch im Sozialismus Armut gab: Sie traf vor allem diejenigen, die nicht auf der Bevorzugungs-Liste der DDR standen und deshalb keine der neu gebauten Plattenbau-Wohnungen zugeteilt bekamen - Rentner, junge Menschen vor der Familiengründung, Arbeitslose und als "asozial" Diffamierte.

Briefträgerin, Berlin, 1982 © Gundula Schulze Eldowy

Gundula Schulze Eldowy

Quelle: Gundula Schulze Eldowy

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Lothar, Berlin, 1983

Als Studentin hatte Schulze Eldowy Aktfotografie zum Thema ihrer Diplomarbeit gemacht. Auch später fragte sie immer wieder Freunde, Nachbarn oder Straßenbekanntschaften, ob sie bereit wären, für eine Nacktaufnahme Modell zu sitzen. Im Hintergrund ist die alltägliche Umgebung der Porträtierten zu sehen. Sie habe selbst darüber gestaunt, sagt die Fotografin, wie viele sich bereit erklärten - und wie selbstverständlich und wenig verschämt sie posierten.

Lothar, Berlin, 1983 © Gundula Schulze Eldowy

Gundula Schulze Eldowy

Quelle: Gundula Schulze Eldowy

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Trotz der glorifizierten Sozialstaatlichkeit der DDR lebten viele Menschen unterhalb der damaligen Mindeststandards, was Wohnen, Bildung, Gesundheit und Ernährung anging. Die Altbauten in den Städten verfielen und die neugebauten Wohnviertel an der Peripherie konnten den Bedarf an modernen Wohnungen nie ganz decken. Gundula Schulze Eldowy zeigt in ihren Fotografien jene vergessenen Straßenzüge Ost-Berlins.

Berlin, 1982, © Gundula Schulze Eldowy

Gundula Schulze Eldowy

Quelle: Gundula Schulze Eldowy

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Auch staatliche Zwänge in der DDR wie den zur Schau gestellten militärischen Drill bildete sie im Gestus scheinbarer Objektivität ab. Die Wahl der Perspektiven zeigt aber doch immer wieder, dass die Künstlerin kritisch und ironisch Position bezog.

Der Führer, Berlin, 1987 © Gundula Schulze Eldowy

Gundula Schulze Eldowy

Quelle: Gundula Schulze Eldowy

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Die anderen Helden: In ihrer Reihe "Arbeit" zeigt sie die Menschen in den größtenteils hoffnungslos veralteten Fabriken der DDR. Weite Teile der Industrie befanden sich in den Achtzigerjahren noch auf Vorkriegsniveau. Die Arbeiter riskierten Gesundheit und manchmal ihr Leben. Die Fotografin porträtierte Menschen, die trotz Schmutz und Gefahren ihre Würde bewahren.

Flöha, 1986 © Gundula Schulze Eldowy

Gundula Schulze Eldowy

Quelle: Gundula Schulze Eldowy

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Berlin, 1987

Mit Beginn der Achtzigerjahre fing sie an, auch in Farbe zu fotografieren. Ihre Reihe mit dem Titel "Der große und der kleine Schritt" zeigt die verborgene Seite der DDR - Rückzugsorte, intime Momente, aber auch Bilder des Verfalls. In diesem Bild von einem Kind im Engelskostüm, das in einem der damals stark heruntergekommenen Berliner Altbau-Hinterhöfe steht, treffen Auflösung des Alten und die Sehnsucht nach einem Neuanfang aufeinander.

Berlin, 1987 © Gundula Schulze Eldowy

Gundula Schulze Eldowy

Quelle: Gundula Schulze Eldowy

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Leipzig, 1989

Im westlichen Ausland fanden Gundula Schulze Eldowys Arbeiten bald Beachtung. Zu Hause war das anders: Die Staatssicherheit verdächtigte sie, für westliche Geheimdienste zu spionieren. Sie wurde beobachtet, schikaniert, schließlich mit Verhaftung bedroht. Ihre Negative versteckte sie auf dem Dachboden. Für die Montagsdemonstrationen kehrte sie 1989 in ihre Studienstadt Leipzig zurück und hielt die friedliche Revolution fest.

Leipzig, 1989 © Gundula Schulze Eldowy

Gundula Schulze Eldowy

Quelle: Gundula Schulze Eldowy

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Nach dem Umbruch von 1989 begann für sie der internationale Erfolg: Sie bekam Preise, Ausstellungen, ihre Werke wurden in Sammlungen aufgenommen. Zugleich bedeutete das Jahr aber auch das Ende der Welt, die sie in ihren Arbeiten festgehalten hatte.

Berlin, 1989 © Gundula Schulze Eldowy

Gundula Schulze Eldowy

Quelle: Gundula Schulze Eldowy

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Dresden, 1986

Die Ausstellung "Zuhause ist ein fernes Land. Fotografien von Gundula Schulze Eldowy" ist vom 26. November bis zum 14. August 2016 im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig zu sehen.

Dresden, 1986 © Gundula Schulze Eldowy

© SZ.de/jobr/rus
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