Fotografie:Shredden, was das Zeug hält

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Isarreiter unter sich: Riversurfer trifft Flößerpartie in Thalkirchen 2001. (Foto: Rainer Spitzenberger)

Rainer Spitzenberger erinnert mit der Schwarz-Weiß-Serie "Epic Days" an die Münchner Riversurfer von einst und stellt sie im Künstlerhaus am Lenbachplatz aus

Von Evelyn Vogel

Es gibt da eine Stadt, so erzählen es Touristen zu Hause, da kann man auf einem Fluss surfen. Sie erzählen es in Stockholm und in Kapstadt, in Los Angeles und in Sydney. Und dabei macht sich nicht selten ein Grinsen auf ihrem Gesicht breit. Entweder, weil sie jede Menge Spaß hatten beim Zuschauen - oder in Erinnerung an den Ritt, den sie selbst absolviert haben. Ein Vergnügen, das anfangs vielfach belächelt wurde, das aber mittlerweile in jedem Reiseführer für München auftaucht.

Wenn von der Welle die Rede ist, dann ist meist die auf dem Eisbach neben dem Haus der Kunst am Englischen Garten gemeint. Hier tummeln sich die meisten Surfer. Hier staunen die meisten Zuschauer - unter ihnen nicht selten Einheimische, die nicht müde werden, dieses Phänomen zu beobachten, das es mittlerweile seit mehr als 40 Jahren gibt. Und kaum ein Münchner, der nicht von der einen oder anderen Kuriosität im Zusammenhang mit den Flussrittern erzählen kann. Sei es, weil ein Surfer im Neoprenanzug mit Brett mitten im Winter durch München radelnd gesichtet wurde, denn auch bei Schnee und Eis stehen die Riversurfer auf ihren Brettern; sei es, dass man über die verschiedensten Bretthalterungen an den Radln staunt. Derzeit scheint ein in der Mitte halb aufgeschnittener Bierkasten der Renner zu sein, in dem man neben dem Sportgerät auch noch die Flüssignahrung transportieren kann.

Neben der Eisbachwelle gibt es bei erhöhtem Wasserstand mehrere Hotspots an den Brücken entlang der Isar in München. Die Floßländewelle in Thalkirchen gilt als der Ursprung des "Riversurfens" in München. Im September 1972 ritten die Brüder Pauli die Welle im Isar-Floßkanal ohne Seil erstmalig. Sie gilt heute als die leichteste Welle Münchens und wird deshalb gerne von Anfängern genutzt.

Die Welle an der Reichenbachbrücke war lange populär, wurde aber während der Renaturierung der Isar lahmgelegt. Doch als der Fotograf Rainer Spitzenberger sie 2001 erstmals sah, war die Welle an der Reichenbachbrücke noch der Renner. Rückblickend erinnert er sich: "Dort, wo normalerweise die Isar recht ruhig in ihrem Betonbett fließt, steht eine Welle, die sich schon fast mit europäischen Wavespots messen kann. Ich bin nicht der erste, dem das auffällt, und so toben sich eine Handvoll Jungs in der Welle aus und shredden, was das Zeug hält. Mick, Sozialpädagogikstudent, Surfer seit acht Jahren, erzählt mir dann auch, warum Riversurfen so viel Spaß macht: dass man minutenlange Rides hat, dass man hervorragend neue Sachen ausprobieren kann, weil das mühsame Rausschwimmen und Anpaddeln wegfällt. Aber das Beste findet er, man surft in der eigenen Stadt, einfach nach der Arbeit." Womit eigentlich alle Vorzüge des Münchner Wellenreitens genannt sind.

Spitzenberger, selbst leidenschaftlicher Surfer, hat die Riversurfer damals in einer Fotoserie festgehalten. Geboren 1965 in München fotografiert er seit 20 Jahren Porträts, Industrie- sowie Reise- und Sportreportagen für Magazine und internationale Firmen. Er studierte Geologie an der LMU und später in New York Fotografie und Grafikdesign. Die Schwarz-Weiß-Aufnahmen der Riversurfer stellt Spitzenberger nun im Künstlerhaus am Lenbachplatz aus. Während der Vernissage an diesem Mittwochabend wird ein Bild in Sondergröße zugunsten der Münchner Mukoviszidose-Hilfe versteigert.

Rainer Spitzenberger: Epic Days. Fotografien der Münchner Riversurfer, Künstlerhaus am Lenbachplatz, Lenbachplatz 8, 29. Juni bis 17. Juli, Öffnungszeiten: 59 91 84 14. Vernissage: Mittwoch, 28. Juni, 19 Uhr, mit Versteigerung zugunsten der Münchner Mukoviszidose-Hilfe "cf-initiative-aktiv" (Anmeldung unter 59 91 84 14)

© SZ vom 28.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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