Darunter auch Robert Doisneaus berühmter leidenschaftlicher "Kuss vor dem Rathaus" aus Paris von 1950, eine Ikone der Fotografie und der Liebe - auch wenn das Bild gestellt war, wie sich später herausstellte. Der deutsche Fotograf Thomas Billhardt hat 1959 ein ähnliches Bild auf dem Alexanderplatz in Berlin gemacht (im Bild) - und schwört, dass es sich hierbei aber wirklich um eine authentische Szene handele: "Inmitten der aktuellen Debatte über das Recht, Menschen in der Öffentlichkeit fotografieren zu dürfen, gewinnt dieses Bild für mich an Bedeutung. Ich bin froh, schon damals fotografieren und damit auch die Spontaneität der Liebe frei einfangen habe dürfen", heißt es im Text neben dem Bild. Aufgrund verschärfter Persönlichkeitsrechte sei das heute fast unmöglich, schreibt der Fotograf: "Heute muss man Angst haben, verklagt zu werden, und kommt so als Fotograf nicht mehr in die Intimsphäre. Dabei ging und geht es mir nie um die Personen, sondern um die Schönheit der Sache."
Billhardt hat noch ein weiteres Foto gemacht, das an eine Ikone der Fotografie erinnert und das auch in der Ausstellung gezeigt wird: Der sozialistische "Bruderkuss" zwischen Erich Honecker und Leonid Breschnew, 1979 aufgenommen von Barbara Klemm und nach der Wiedervereinigung auf die Mauer gemalt, war für Billhardt schon fünf Jahre früher ein Motiv, nämlich zum 25. Jahrestag der DDR, auf dem Flughafen Schönefeld. Auch damals schon küssten sich die beiden vor den Fotografen - und Billhardt berichtet: "Sich küssende Menschen wie Politiker in der Sowjetunion zu sehen, hatte für mich immer etwas Befremdliches. Vor dem Zusammentreffen trank man viel, um die Distanz zwischen den Menschen zu verringern. Der Kuss diente dann als Ausdruck der Nähe. Niemand sah bei der Begrüßung zwischen Leonid Breschnew und Erich Honecker, dass Breschnew besoffen war. Ich sah und wusste es. Der Kuss zwischen beiden war nicht echt. Er hatte keine ehrliche Herzlichkeit, er war eine Lüge. Er war lediglich ein Symbol."