Filmwirtschaft:Die schlechtere Hälfte

Organisation "Pro Quote Film": In Berlin fordern Frauen aus der Filmwirtschaft gleiche Rechte und eine grundsätzliche Veränderung in der Branche und der Förderung.

Von Verena Mayer

Als Dorothee Schön ihr erstes Drehbuch schrieb, las sie in einer Rezension: Eine Frau solle nicht beim Film arbeiten, sondern lieber "in einem Café in München-Schwabing Babystrampler stricken". Das war 1989, aber wenn es nach Schön geht, hat sich an der Haltung bis heute nur wenig geändert. Frauen sind in der deutschen Filmwirtschaft nach wie vor in der Minderheit. So arbeitet nur die Hälfte aller Frauen, die an Filmhochschulen studiert haben, tatsächlich in ihrem Beruf. Und die wenigen, die es schaffen, bekommen Untersuchungen zufolge das schlechtere Gehalt, die schlechteren Produktionen.

Auf der Leinwand selbst sieht es nicht viel besser aus, wie man seit der groß angelegten Studie weiß, die die Schauspielerin Maria Furtwängler vorigen Sommer vorstellte: Auf eine tragende Frauenrolle kommen in deutschen Film- oder Fernsehproduktionen mindestens zwei Männerrollen. Die deutschen Filmregisseurinnen haben daraus die Konsequenz gezogen und die Vereinigung "Pro Quote Regie" gegründet, die sich für eine Frauenquote bei der Vergabe von Aufträgen und Fördergeldern starkmacht. Inzwischen haben sich viele andere Gewerke angeschlossen, weshalb sie sich nun "Pro Quote Film" nennen. So beraten am Mittwoch Drehbuchautorinnen, Szenenbildnerinnen, Kamerafrauen, Tontechnikerinnen, Schauspielerinnen, Cutterinnen, Produzentinnen im Berliner Kino International, wie es weitergehen soll.

Kostümbildnerinnen wollen nicht mehr nur "lächelndes Schmuckwerk am Drehort" sein

Der Leidensdruck ist in jedem Gewerk anders. Die Kostümbildnerinnen fühlen sich wie "lächelndes Schmuckwerk am Drehort" und wollen in die Konzeption von Frauenrollen einbezogen werden, "damit wir nicht mehr 'Tatort'-Kommissarinnen in High Heels durch die Heide schicken müssen". Die Produzentinnen wollen Verantwortung für größere Budgets, die Kamerafrauen nicht länger nur Assistentinnen sein. Die Schauspielerin Jasmin Tabatabai sagt, dass Frauen auf der Leinwand meist nur als Ehefrauen, Freundinnen oder Mütter zu sehen sind, selbst wenn es im Film um Berufsfelder wie die Medizin oder Justiz geht, in denen bereits annähernd Geschlechterparität herrscht.

Einig sind sich alle darin, dass sich Filmwirtschaft und Filmförderung ändern müssen, weil das unausgewogene Geschlechterverhältnis auch "die Branche vergifte und Machtmissbrauch fördere", wie die "Me Too"-Debatte gezeigt habe. Pro Quote Film hat jedenfalls regen Zulauf: Nach der Diskussion bildet sich an ihrem Stand eine lange Schlange von Leuten, die Mitglied werden wollen.

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