Süddeutsche Zeitung

Filmtipps:Die schlimmsten Horrorfilme zu Halloween

Angst beim Fernsehen ist was für Kinder und Weicheier? Wir beweisen Ihnen das Gegenteil: Horrorfilme, die auch gestandene Erwachsene zum Bibbern bringen.

Aus der Redaktion

Der Exorzist (1973)

Im Grunde wollte William Friedkin mit diesem Film die 68er-Generation erschrecken. An die Rückbesinnung auf die moralischen Werte der katholischen Kirche appellieren. Und als wäre das nicht heftig genug, zog der reaktionäre Regisseur dabei sämtliche Register des Splatter.

Friedkins "Exorzist", 1973 gedreht nach dem gleichnamigen Buch von William Peter Blatty, ist eine Tortur. Die Geschichte der zwölfjährigen Regan, die sich von einem wohlerzogenen, liebenswürdigen Mädchen in ein gotteslästerliches, widerliches Biest verwandelt: Blasphemie in Reinform. Die Szene mit der Teufelsaustreibung: der blanke Horror. Wie das Mädchen seinen Kopf um 360 Grad dreht, flößt mir heute noch Angst ein. Mal abgesehen von dem grünen Schleim, den sie durch die Gegend spuckt und den üblen Dingen, die sie über Jesus sagt.

Diesen Film würde ich selbst im hohen Alter nur mit meinen Freunden in der Senioren-WG angucken. Vorausgesetzt, der Pfleger schaltet nicht vor Angst den Fernseher ab.

Violetta Simon

So finster die Nacht (2008)

Für Oskar ändert sich alles, als die "ungefähr zwölfjährige" Eli nebenan einzieht. Zwischen ihm und dem schwarzhaarigen Mädchen, das nur nachts im Hof spielt, entwickelt sich schnell eine kindliche Liebesbeziehung, auf die der vermeintliche Vater des Mädchens eifersüchtig ist. Wenn er nicht gerade durch das verschneite skandinavische Dorf zieht und Menschen an einem Baum ausbluten lässt. Alles für die kleine Eli, natürlich.

"So finster die Nacht" ist ein wunderbar ruhiger Gruselfilm, der die Sexualmetaphern des Vampirmythos' umdeutet, zu einer Geschichte, die an der Schwelle zwischen Kindheit und Pubertät spielt. Wenn Eli der Blutdurst überkommt, verleihen ihr die Macher mit Computereffekten das Gesicht einer erwachsenen Frau, die unschuldige Erscheinung kontrastieren bemerkenswert rohe Gewaltausbrüche. Der Film war in Europa so erfolgreich, dass zwei Jahre später unter dem Titel "Let Me In" ein US-Remake erschien. Das schwedische Original ("Låt den rätte komma in") - ob mit Untertiteln oder synchronisiert - ist aber der deutlich bessere Film.

"So finster die Nacht" gibt es im Stream bei Amazon Prime und Maxdome, außerdem zu kaufen oder zu leihen bei iTunes, Videoload und Google Play.

Matthias Huber

Es (1990)

Coulrophobie. Das klingt fast nach Fantasiekrankheit. Passend für Montagmorgende, die man lieber im Bett vor dem Fernseher als im Büro verbringt. Doch wer einmal Stephen Kings "Es" gesehen hat, weiß nicht nur, dass Coulrophobie - die Furcht vor Clowns - ein ernsthaftes Leiden ist. Er verzichtet auch lieber freiwillig auf solcherlei Mußestunden vor dem TV.

Dabei ist der Clown Pennywise, in der Verfilmung des Romans von 1986 gespielt von Tim Curry, viel mehr als ein Angstmacher mit roter Rundnase. Er ist das ritualisierte Böse, das im Abstand von etwa 27 Jahren die fiktive Kleinstadt Derry heimsucht und mordet. Wenn "Es" nicht gerade als Clown unterwegs ist, nimmt es die Gestalt der größten Furcht seiner meist kindlichen Opfer an. Doch mit Abstand am gruseligsten sind jene Einstellungen, in denen das Böse bunte Pluderhosen trägt. King verkehrt Symbole von Unschuld und Naivität ins Abartige - so spielt auch in der folgenden Szene im Hintergrund Jahrmarktmusik (die bei mir selbst in einem hellerleuchteten Büro den Knie-vors-Gesicht-Reflex auslöst).

Da läuft der kleine Georgie seinem Papierschiff nach, das die Abflussrinne am Straßenrand entlangschippert und in einem offenen Gully verschwindet. Und was tut der dumme Junge, in seinem gelben Regenmäntelchen mit Hut? Blickt hinunter in das schwarze Loch, und als er sich gerade wieder wegdrehen will, sagt eine Stimme: "Hey, Georgiiie!" Das weißgeschminkte Gesicht von Pennywise erscheint aus dem Abgrund. "Don't you want a balloon?"

Johanna Bruckner

Psycho (1960)

Mal kurz diese Szene vorstellen: ein Duschvorhang, davor eine Hand, die ein grobes Küchenmesser hält. Hintergrundmusik: Violinen, die immer denselben Ton kreischen und sich deshalb ein bisschen nach Kreissäge anhören. Welcher Film? Klar, "Psycho". Keinen Film haben wir damals in den filmwissenschaftlichen Seminaren an der Uni genauer angeschaut. Haben uns Hunderte der Hitchcock'schen Einzeleinstellungen reingezogen, analysiert und sogar in einem weiteren Seminar als Anleitung für einen eigenen Kurzfilmdreh verwertet. Trotz alledem verhalte ich mich nach "Psycho"-Konsum wie eine verängstigte Vierjährige. Allein das "Ping" einer SMS auf dem Handy reicht aus, um bei mir panischen Kreischalarm auszulösen.

Am schlimmsten ist die Szene gegen Ende. Ich gebe zu, ich muss mich ein bisschen zusammenreißen, um überhaupt darüber schreiben zu können.Also: der Moment, als Norman Bates, der Psycho, seine zweite Identität der eigenen (mumifizierten) Mutter preisgibt - inklusive Fistelstimme und Hexenkopftuch.

Ja, im Hochsommer auf einer Party mit Freunden, mit Cuba Libre in der Hand, kann ich darüber lachen. Dieser verkleidete Schwarz-Weiß-Spacko und die vertrocknete Alte nebendran. Sowas von tausendmal gesehen. Anders in der kalten Jahreszeit, alleine am Abend vor der Glotze. Danach brauche erst einmal eine Tranquilizer-Folge Schwarzwaldklinik auf Youtube.

Dorothea Grass

The Cabin in the Woods (2012)

Die untote Serienmörder-Familie ist nicht das schlimmste, das die Teenager in der titelgebenden Berghütte, der "Cabin in the Woods", heimsucht. Auch nicht die ledergekleideten Dämonen aus der SM-Hölle. Oder die bösen Meerjungfrauen, Drachen, Riesenschlangen oder alten Götter aus der Feder von H.P. Lovecraft. In der unter anderem von "Avengers"-Regisseur Joss Whedon erdachten Horrorkomödie aus dem Jahr 2012 sind die allerschlimmsten diejenigen, die dem blutrünstigen Geschehen einfach nur zuschauen und Wetten darauf abschließen, wer wohl als nächstes das Zeitliche segnen wird.

Das Schaulaufen an Horror-Monstern, das "Cabin in the Woods" im letzten Drittel abfeiert, zeigt, wie viel Liebe die Macher für das Erbe des Genres aufbringen. Sonst müsste man glauben, dass sie Horrorfilm-Fans ganz schön verachten, so sehr halten sie ihnen den Spiegel vor. Immerhin gibt es im Film eine ganze Organisation von Menschen in Laborkitteln, die gleichgültig vor riesigen Bildschirmen dabei zusehen, wie die Teenager einer nach dem anderen ermordet werden, und höchstens bei besonders grausigen Todesfällen die Arme nach oben reißen, wie bei einer besonders guten Szene eines Fußballspiels. Bis sich die Opfer gegen ihr blutiges Schicksal wehren und beschließen, dass sie nicht mehr dazu bereit sind, fürs Amüsement der Zuschauer zu sterben. Soll die Welt doch untergehen!

"The Cabin in the Woods" gibt es im Stream bei Maxdome, außerdem zu kaufen oder zu leihen bei Amazon, iTunes, Videoload und Google Play.

Matthias Huber

Blair Witch Project (1999)

Es gibt nur einen Film, von dem ich im Nachhinein wünschte, ihn nie angesehen zu haben. Nur einen, der noch zehn Jahre später kurze Panikwellen auslöst und von dem ich es kaum schaffe, ohne Angst die Inhaltsangabe bis zu Ende durchzulesen. Und das, obwohl ich damals im Kino etwa die Hälfte von "Blair Witch Project" gar nicht gesehen, sondern nur gehört habe: Den Rest der Zeit hatte ich meine Mütze vor dem Gesicht.

Leider half das nicht viel, weil der Found-Footage-Horror-Film ja gerade damit arbeitet, dass man sehr wenig explizit "Gruseliges" sieht - sondern es immer nur ahnt. Ein paar irgendwie rituell wirkende Steinhäufchen, ein verfallenes Haus, ein bisschen Schleim auf der Kameraausrüstung der drei Studenten, die einen Film über eine Hexen-Sage in der amerikanischen Provinz drehen wollen. Das Unbehagen entsteht vielmehr durch die Erzählungen der Dorfbewohner über eine Hexe im 19. Jahrhundert und einen späteren Ritualmord an sieben Kindern. Wie der am Ende des Films subtil wieder aufgerufen wird - wenn man schon ahnt, dass gleich alle tot sein werden - ist die furchteinflößendste Szene, die ich kenne. Und wo ist jetzt meine Mütze?

Kathleen Hildebrand

The House of the Devil (2009)

Für Horrorfilm-Liebhaber ist "House of the Devil" wohl einer der besten Filme des vergangenen Jahrzehnts. Eine Hommage an die Horror-B-Movies der 80er Jahre. Wer als unbedarfter Zuschauer im Fernsehen darauf stößt, glaubt einen 30 Jahre alten Film zu sehen - und nicht einen aus dem Jahr 2009. Das Bild ist leicht verwaschen ausgeleuchtet, die Kostüme und Kulissen sehen sowieso eher nach Hippie als nach Hipster aus, und wie die Kamera das gruselige Haus am Stadtrand in Szene setzt, ist geradewegs von "The Shining" abgeschaut.

Damals reichte es noch völlig aus, wenn am Ende des Films ein großer Schockmoment kam, auf den die vorherigen 90 Minuten konsequent hingearbeitet hatten. So springt auch im "Haus des Teufels" nie eine Katze mit Paukenschlag ins Bild und es gibt auch keine Verfolgungsjagden mit maskierten Killern. Nur ganz langsam und behutsam wachsendes Unbehagen, dass in dem Haus, das die Studentin Samantha hüten muss, irgendetwas nicht ganz so ist, wie es sein sollte.

"The House of the Devil" gibt es im Stream bei Maxdome.

Matthias Huber

A Nightmare on Elm Street (1984)

Eine Jugendliche im Nachthemd tappt verängstigt durch eine surreal blau erleuchtete Gasse. Plötzlich rollt ihr ein Mülltonnendeckel entgegen, der Schatten eines Kopfes mit Schlapphut fällt auf die Wand hinter ihr. Auftakt für ein sadistisches Spiel, das wie so oft in Horrorfilmen mit dem blutigen Tod der Protagonisten endet. "A Nightmare on Elm Street" setzte 1984 das Genre der Slasher-Movies fort, das mit "Halloween" und "Freitag der 13." begründet wurde.

Der Reiz lag in den düster-bizarren Albtraumorten, in denen der fieseste aller Filmfieslinge herum schlich: Fred Krueger, ein Kindermörder mit verbranntem Gesicht und Klingenfingern. Hinterrücks und stets mit einem lässigen Spruch auf den Lippen suchte er die Teenager der amerikanischen Kleinstadt Springwood buchstäblich im Schlaf heim. Mit Auftritten in acht Filmen, einem Remake und einer TV-Serie wurde Freddy eine moderne Ikone des Schreckens.

Der im August verstorbene Regisseur Wes Craven schuf mit dem ersten Teil der "Nightmare"- Reihe einen phantasievollen und cleveren Klassiker des Genres. Und bereitete damit Johnny Depp in seiner ersten größeren Kinorolle den Weg zum Weltstar. One, two, Freddy is coming for you ...

Tobias Sedlmaier

All the Boys Love Mandy Lane (2006)

In Mandy Lane sind wirklich alle Highschool-Jungs verknallt. Der Footballspieler Bird genauso wie Kiffer Red und Außenseiter Emmet. Sogar der Cowboy Garth erliegt dem Charme des Teenagers. Gespielt wird Mandy von Amber Heard: Es ist eine der ersten Filmrollen der Amerikanerin, die heute mit Johnny Depp verheiratet ist. Aber zurück zum Horror.

Um ihrem Schwarm näherzukommen, laden die Jungs das Mädchen ein, das Wochenende mit ihnen auf einer Farm zu verbringen. Natürlich hofft jeder, dass sich Mandy am Ende für ihn entscheiden wird. Aber auf der Farm treibt auch ein Mörder sein Unwesen, der einen Verehrer nach dem anderen aus dem Weg räumt.

"All the Boys Love Mandy Lane" mag wie ein herkömmlicher Slasher-Film klingen, ein Film wie "Freitag der 13." oder "Scream". Aber das täuscht: Die Horrorgeschichte ist hier nur Mittel zum Zweck, um in grobkörnigen, sepiafarbenen Bildern eine moderne Bonnie-und-Clyde-Variante zu erzählen. Nur dass die Jugendlichen statt Rebellentum eher pubertäre Unsicherheit antreibt, der sie erst entwachsen müssen, um ihr eigenes Leben zu retten. Wenn sich Mandy doch nur so auf ihre Verehrer verlassen könnte, wie damals Bonnie auf ihren Clyde ...

"All the Boys Love Mandy Lane" gibt es im Stream bei Sky Online und Sky Go, außerdem zu kaufen oder zu leihen bei Amazon.

Matthias Huber

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