Neu in Kino & Streaming:Welche Filme sich lohnen - und welche nicht

Neu in Kino & Streaming: Charme des Gestaltwandels: Anthony Ramos mit Kumpan in "Transformers: Aufstieg der Bestien".

Charme des Gestaltwandels: Anthony Ramos mit Kumpan in "Transformers: Aufstieg der Bestien".

(Foto: Paramount)

Terrorismus in den USA, ein animiertes Filmwunder aus der kriegszerstörten Ukraine und die Transformer transformieren wieder. Die Starts der Woche in Kürze.

Von Moritz Baumstieger, Sofia Glasl, Fritz Göttler, Martina Knoben, Doris Kuhn, Annett Scheffel, Philipp Stadelmaier und Anke Sterneborg

The Adults

Sofia Glasl: Man muss schon sehr genau hinsehen, um den schmalen Grat zu erkennen, auf dem sich die Kunst der Cringe Comedy bewegt. Sie verwendet für ihren Humor ausschließlich sozial unangenehme Situationen. Der amerikanische Filmemacher Dustin Guy Defa versteht sich auf den Balanceakt, schöpft daraus ungelenke, urkomische Akrobatik. Dafür lässt er Michael Cera, den König des betretenen Schweigens, als Mittdreißiger Eric auf seine entfremdeten Schwestern Maggie und Rachel treffen. Die Spannung ist peinigend unangenehm - aber löst sich dann auf in einer Feier der kindlichen Weltsicht, zwischen skurrilen Insider-Witzen, Konversationen in Cartoon-Stimmen und lange vergessenen Tanznummern.

All Inclusive

Anke Sterneborg: Für Timo aus Deutschland, Toivo und Roope aus Finnland, Uyangaa aus der Mongolei und Mary Stella aus Kenia geht es hier nicht um Cluburlaub - sondern um gesellschaftliche Teilhabe, um Inklusion. Drei Jahre lang hat das Regieduo Thorsten Ernst und Tobias Lickes die jungen Sportler auf ihrem Weg zu den Special Olympics World Games begleitet, an denen - anders als bei den Paralympics - keine körperlich, sondern geistig beeinträchtigte Menschen teilnehmen. Kurz nach Start des Films, der dem Sportereignis auch bisher fehlende Aufmerksamkeit verschaffen will, finden die Games zum ersten Mal in Deutschland statt, in Berlin. Ein wenig rastlos springt der Film zwischen den Kontinenten hin und her, um die Gemeinsamkeiten im Erleben der jungen Menschen einzufangen - und die Unterschiede im Umgang mit ihren Einschränkungen.

How to Blow Up a Pipeline

Fritz Göttler: Daniel Goldhaber geht auf volles Risiko angesichts der aktuellen Weltlage (Klimakleber, Drohnenkrieg). Sein Film erzählt von einer Gruppe amerikanischer Kids, die in der Wüste von West-Texas terroristische Anschläge auf Ölleitungen planen. Und natürlich diskutieren, ob und wie das zulässig ist, Sachen zu beschädigen, andere Menschen zu gefährden. Revolution erzeugt immer Kollateralschäden, das Unternehmen hat die Dynamik eines Abenteuerspiels. Schwere rote Fässer werden gewälzt, es gibt eine innige lesbische Liebe, einen Beinbruch, ein Agenten-Doppelspiel, eine kleine Drohne wird durch einen geschleuderten Riemen vom Himmel geholt. Und man spürt, dass Terrorismus einfach anders ist in einem Land, in dem noch immer viel mit dem eigenen Gewehr in der Hand erledigt wird, erobert und verteidigt.

Mavka, Hüterin des Waldes

Moritz Baumstieger: Dieser ukrainische Animationsfilm unter der Regie von Oleg Malamuzh und Oleksandra Ruban wurde mitten im Krieg fertig, jetzt ist er in der Heimat und sogar im Ausland ein echter Hit. Mavka, eine junge Elfe, wird zur neuen Hüterin des Waldes bestimmt und verliebt sich unsterblich in einen Musiker - obwohl die Waldbewohner mit Menschen eher schlechte Erfahrungen gemacht haben. Eine animierte Folkloreshow nach dem Drama "Das Waldlied" der Schriftstellerin Lessja Ukrajinka, ukrainische Volkslieder bilden den Soundtrack, gesungen von aktuellen ukrainischen Stars. Animierte Indoktrination zur Hebung des Nationalgefühls ist "Mavka" dennoch nicht - sondern in erster Linie ein gut gemachtes Märchen.

Medusa Deluxe

Doris Kuhn: Bei den Vorbereitungen zum Finale eines Frisur-Wettbewerbs wird ein toter Friseur gefunden, die Kolleginnen warten aufs Verhör. An ihnen hängt die Exzentrik der Geschichte: irre Haartrachten füllen das Bild, Schicksale aus dem Frisierbusiness werden verhandelt. Aber die bekannte Mechanik des Murder-Mysterys ändert sich nicht durchs Milieu. Klatsch und Konkurrenz führen zu Verdächtigungen, die aber schnell redundant werden. Thomas Hardimans Blick hinter die Fassade von Frisiersalons findet nicht viel mehr als Ereignislosigkeit mit Style.

Memory of Water

Martina Knoben: Eine fast wasserlose Welt, in der eine Militärdiktatur die Zuteilung von Trinkwasser streng kontrolliert: Das ist die Prämisse von Saara Saarelas Science-Fiction-Film, der auf dem erfolgreichen Jugendbuch von Emmi Itäranta basiert. (Sie hat am Drehbuch mitgeschrieben.) Von ihrem Vater erbt Noria, eine junge Teemeisterin, das Wissen um eine geheime Quelle. Sie kann Leben retten - oder die Menschheit in einen Krieg um die knappe Ressource treiben. Die Vorstellung einer fast unbewohnbar gewordenen Welt ist drängend-realistisch, die junge Teemeisterin eine faszinierende Figur. Nur schade, dass - aqua ex machina sei Dank - das moralische Dilemma der Heldin kaum ausgespielt wird, Schuld und Rettung woanders liegen.

Nostalgia

Annett Scheffel: Ein Mann kehrt in seine Heimatstadt zurück, die er vor vierzig Jahren verlassen hat, die Mutter todkrank, der Jugendfreund entfremdet, Vergangenheit und Gegenwart verschränken sich schmerzlich. Man kennt die Geschichte, und doch ist hier alles komplizierter. Denn in Mario Martones unsentimentalem, atmosphärischem Drama spielt die Stadt Neapel eine zweite, komplexe Hauptrolle. Unheilvoll wird der Heimgekehrte in das Labyrinth aus Camorra und Kirche, Freunden und Feinden, alter Sehnsucht und noch älterer Gewalt zurückgezogen. Ein Film, der einer besonderen Art von Nostalgie nachjagt: süß, ätzend und gefährlich.

Picknick in Moria. Blue Red Deport

Philipp Stadelmaier: In ihrer berührenden Dokumentation folgt Lina Lužytė einem afghanischen Filmemacher und seiner Familie im Flüchtlingslager von Moria, auf der Insel Lesbos. Mit anderen Bewohnern dreht er einen Spielfilm, der Leben und Leiden im Lager zeigt. Durch die Fiktion gewinnt er inmitten allgegenwärtiger Machtlosigkeit etwas Kontrolle zurück, während die Grausamkeiten der europäischen Grenzpolitik zu Tage treten, denen keiner entkommen kann.

Transformers: Aufstieg der Bestien

Fritz Göttler: Es gibt tatsächlich noch eine Autoverfolgung im klassischen Stil im Film von Steven Caple Jr., bei der eine Horde Polizeiwagen nicht besonders gut wegkommt. Viele der Autos, um die es hier geht, haben jedoch ein eigenes, durchaus sensibles Innenleben, können sich innerhalb von Sekunden in Kampfmaschinen verwandeln, die sich buddymäßig auf die Brust klopfen: blecherne King Kongs. Die Geschichte hat kosmische Dimensionen, es geht um einen gewaltigen Planetenfresser. Der will sich, mit der Hilfe seiner Gefolgsleute, gern unseren Planeten schnappen... Die Frontverläufe sind manchmal chaotisch, aber der Charme der Transformationen ist immer noch überwältigend.

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