Fuoco Sacro - Suche nach dem heiligen Feuer des Gesangs
Fritz Göttler: Eine gequälte Seele hilft dem Künstler, wenn er etwas ausdrücken will, sagt die Sängerin Ermondela Jaho. Nach seinem Film "Opera Fanatic" macht sich Jan Schmidt-Garre erneut auf die Suche nach dem heiligen Feuer, dem Gesang. Den man, wie Petrarca es formulierte, in der Seele hört. Er beobachtet drei Sängerinnen (neben Jaho noch Barbara Hannigan und Asmik Grigorian). Unglaublich bewegend, Kino pur ist das Zusammenspiel mit anderen Künstlern: Barbara Hannigan und der müde alte Reinbert de Leeuw, der sie bei Saties "Socrate" begleitet. Sie setzt sich am Flügel an seine Seite, kurz nach den Aufnahmen ist er gestorben. Oder Jaho, wenn sie in München Puccinis "Suor Angelica" probt, Kirill Petrenko dirigiert sie liebevoll, vom Flügel, begleitet, und verspricht ihr ein Pianissimo: I will disappear ...
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Haute Couture - Die Schönheit der Geste
Martina Knoben: Ein Märchen zwischen Tüll und Seidenstoffen. Vorstadtmädchen Jade klaut der Haute-Couture-Schneiderin Esther die Handtasche, bekommt daraufhin ein Praktikum bei Dior und Esther als Ersatzmutter. Glaubwürdig ist das nicht, vom Handwerk des Nähens erfährt man leider auch nicht viel. Sylvie Ohayon, selbst aus den Vorstädten stammend, will die Banlieue und J'adore-Dior-Paris in einer patriotischen Erzählung zusammenbringen, der man vor allem deshalb gern folgt, weil die Frauenfiguren so eigensinnig und spannend sind.
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In den besten Händen
Josef Grübl: Raf stürzt beim Laufen auf einer Pariser Straße heftig auf den Ellenbogen, es tut sehr weh. Auch sonst läuft es eher mittelprächtig für die Mittfünfzigerin (Valeria Bruni Tedeschi) aus Paris: Ihre Freundin will sich von ihr trennen - und wegen der Sturzverletzung warten sie stundenlang in der Notaufnahme. In diesem komischen und tragischen Krankenhaus-Kammerspiel erzählt Catherine Corsini von Gelbwesten und Weißkitteln, von Macron-Wählerinnen und Le-Pen-Anhängern. Und der titelgebende Bruch ("La fracture") betrifft natürlich nicht nur Rafs Ellenbogen: Ist in unserer Gesellschaft nicht schon vor langer Zeit etwas zerbrochen?
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Köy
Anna Steinbauer: Die Sehnsucht nach dem Köy (türkisch für Dorf) sitzt bei ihnen allen tief, egal ob sie dort nur als Kind oder niemals wirklich lebten: Neno, Saniye und Hêvîn sind Kurdinnen aus drei Generationen, die in Berlin leben und in der Doku über ihre Herkunft, Identität und Heimat sprechen. Die Filmemacherin Serpil Turhan hat die Frauen über drei Jahre begleitet. Entstanden ist ein tiefgründiger Film über Zugehörigkeit und Selbstbestimmung vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Situation in der Türkei.
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The Lost City
Juliane Liebert: Popcornkino ist nicht an sich böse. In der richtigen Stimmung kann ein Film, bei dem man einfach im Kinosessel versinken, einen Liter Cola trinken und sich der Freude, im Kino zu sein, hingeben kann, das Beste sein. Warum nicht beispielsweise Sandra Bullock und Channing Tatum dabei zusehen, wie sie in dieser Meta-Abenteuer-Dschungel-Geschichte von Aaron und Adam Nee vor Daniel Radcliffe weglaufen? Bonustipp: Popcorn halb süß und halb salzig, dann ist jeder Biss eine Überraschung.
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The Northman
Sofia Glasl: Rache bestimmt die Gesellschaft, in der Wikingerprinz Amlethus nur knapp seinem machthungrigen Onkel entkommt. Der hat seinen Vater getötet, die Mutter geraubt und damit die Keimzelle für einen ungeheuerlichen Vergeltungsschlag gelegt. In irren Kamerachoreografien und einer guttural dröhnenden Soundkulisse macht Robert Eggers aus der nordischen Sage, auf der Shakespeares "Hamlet" basiert, eine gleichermaßen mythologisch wie psychologisch aufgeladene Eskalation archaischer Männlichkeit. Kampferfahren lässt er Alexander Skarsgård als Amlethus wiederkehren, mehr vor Blutdurst triefendes Viech denn Mensch, und rüttelt hinterrücks mit allen Mitteln an dessen Weltbild.
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River
Anke Sterneborg: Spektakuläre Bilder von mächtigen Flüssen, gesammelt von berühmten Naturfilmern mithilfe von Satelliten und Drohnen, unter anderem in Bangladesch, Australien und Island. Wasser in all seinen Formen, fließend, reißend, plätschernd, gefroren. Ein poetisch überwältigendes Filmessay, komponiert aus rauschhaften Bildern, orchestraler Musik und bisweilen arg pathetisch geratenen Texten, die Willem Dafoe spricht. Fünf Jahre nach "Mountain" legt Jennifer Peedom, hier zusammen mit Joseph Nizeti, den zweiten Teil einer geplanten Trilogie über die Auswirkungen der Landschaft auf den Menschen vor.
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The Second Life - Das zweite Leben
Sofia Glasl: Ein wenig makaber wirkt der Titel für einen Film über drei Tierpräparatoren, die sich auf einen internationalen Wettbewerb vorbereiten. Ein zweites Leben hauchen sie den Tieren nicht ein, sehen sich jedoch als Vermittler und Geschichtenerzähler, und der italienische Dokumentarfilmer Davide Gambino gewährt einen kurzweiligen Einblick in ihre Welt. Allerdings gerät das Voice-Over aus der Sicht eines präparierten Orang-Utans kaum zum philosophischen Kitt zwischen Gedanken über Ökologie, Zoologie und Umgang mit der Natur, sondern lediglich zur bizarren Anklage.
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Die wundersame Welt des Louis Wain
Susan Vahabzadeh: Ein Biopic mit Benedict Cumberbatch in der Rolle eines talentierten, aber fragilen Zeichners, von dem das Leben zu viel verlangt. Halt findet er nur bei seiner Frau (Claire Foy), die aber jung stirbt. Regisseur Will Sharpe setzt das Nebeneinander von Kreativität und Wahnsinn ganz schön um, Wains Zeichnungen schleichen sich nach und nach in die Filmbilder. Louis Wain ist vielleicht in Vergessenheit geraten, aber ohne ihn stünde heute das halbe Internet leer: Er ebnete Ende des 19. Jahrhunderts mit seinen Bildern den Katzen den Weg zum Lieblingshaustier.